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weiblichen Handelsangestellten bei deren steigender Bedeutung für den Handel in umfassender Weise Gelegenheit zu ihrer fachlichen Aus­bildung in Fortbildungsschulen und Handelsschulen zu gewähren, anerkannt und die Förderung des Unterrichtswesens für weibliche Handelsangestellte wärmstens befürwortet. Unter dem lebhaften Bei­fall der Versammlung hat bei dieser Gelegenheit namens des preussi- schen Handelsministeriums der Geb. Ober - Regirungsrat Simon die Erklärung abgegeben, dass der kaufmännische Mädchenunterricht ganz anders und energischer als bisher eingerichtet werden müsse und dass an allen kaufmännischen Fortbildungsschulen schon jetzt Mädchen­klassen zu schaffen seien.

Wenn demgegenüber vereinzelt aus den Kreisen der männlichen Handelsangestellten noch Stimmen laut werden, welche die bessere fachliche Ausbildung der jungen Mädchen deshalb bekämpfen, weil sie die Konkurrenz des weiblichen Geschlechts fürchten, so darf man über die Vertreter einer solchen engherzigen und veralteten Anschauung ruhig zur Tagesordnung übergehen. Wer wird heute im Ernst noch leugnen können, dass in der That ein grosses Bedürfnis nach kauf­männischen Fortbildungsschulen für Mädchen vorhanden ist? Das allerdings ist unbedingt zuzugeben, dass von der grossen Zahl der im Handelsgewerbe beschäftigten weiblichen Personen nur ein geringer Bruchteil die Anforderungen erfüllen kann, die man hinsichtlich der kaufmännischen Ausbildung an sie zu stellen berechtigt wäre. Darum eben ist es dringend notwendig, dass für eine bessere Vorbildung der jungen Mädchen Fürsorge getroffen wird. -Auf diesem Standpunkt steht heute, man kann wohl sagen, die gesamte Kaufmannschaft, ein­schliesslich der Angestellten. Ausdrücklich hat auf dem erwähnten Kongress in Hannover der Vorsitzende des Verbandes kaufmännischer Vereine, Karl Ludwig Schäfer-Frankfurt erklärt, dass man die gleiche Vorbildung für weibliche und männliche Angestellte fordern müsse. Und von den heute schon bestehenden Bildungsanstalten für das weibliche Geschlecht sind nicht wenige von kaufmännischen Vereinen, die lediglich Männer zu Mitgliedern zählen, eingerichtet worden.

Das kaufmännische Unterrichtswesen für das weibliche Geschlecht tritt in Preussen ohne Zweifel jetzt in ein neues Stadium seiner Ent­wicklung ein. Die preussische Staatsregirung wird nach der zitirten Erklärung des Vertreters des Handelsministeriums in der Förderung und Unterstützung der vorhandenen und noch entstehenden Bildungs­stätten für Mädchen zielbewusst vorgehen. Sie wird insbesondere die allgemeine Einrichtung von Mädchenklassen an kaufmännischen Fort­bildungsschulen ins Auge fassen.

Nachdem der Handelsminister an die Bewilligung des staatlichen Zuschusses für die Krefelder Kaufmannsschule die Bedingung der Einrichtung einer Mädchenklasse geknüpft hat, wird nunmehr die erste von einer öffentlichen Korporation in Preussen gegründete kaufmännische