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bei welchen ihnen nur die Vermittlungsprovisionen zufallen. Stets unterliegen diese weiblichen Kaufleute alsdann all den Bestimmungen, die das Handelsgesetz ohne Unterschied für alle Kaufleute auf­gestellt hat.

Hierher gehört in erster Linie die Pflicht, die Geschäftsbücher kaufmännisch zu führen, die gesammte Korrespondenz zehn Jahre lang aufzubewahren, alljährlich die Bilanz und Inventur aufzunehmen, über­haupt eine nach kaufmännischen Grundsätzen durchgeführte Organisation einzurichten. Unterlässt die Geschäftsinhaberin die Befolgung dieser Vorschriften, so droht ihr zwar in der Regel keine Strafe; gerät sie aber unglücklicherweise in Zahlungsschwierigkeiten und muss infolge­dessen den Konkurs anmelden, so kann sie dann unter Umständen wegen betrügerischen Bankerottes bestraft werden. Von den übrigen Pflichten des Kaufmanns, welche die Geschäftsinhaberin be­obachten muss, wollen wir hier nur erwähnen, dass sie bei Beginn des Gewerbes dasselbe bei der Ortspolizeibehörde anzumelden hat, und für ihre Angestellten die Kranken-, Unfall- und Invaliditätsversicherung besorgen muss. Demgegenüber teilt sie auch alle dem Kaufmann zu­gestandenen Vorrechte. Sehr wichtig ist hier das Firmenrecht, das heisst das Recht, neben ihrem bürgerlichen Namen einen Geschäfts­namen zu führen, den sie in das Handelsregister eintragen lassen, und bei Aufgabe des Geschäftes mit dem letzteren verkaufen kann. Bei Geschäften, die über den Kleinbetrieb hinausgehen, ist ferner das Recht, einem der Angestellten Prokura zu erteilen, vielfach unentbehr­lich. Macht die Geschäftsinhaberin hiervon Gebrauch, so gewährt sie dadurch ihrem Prokuristen die Befugnis, an ihrer Stelle nahezu alle Geschäftshandlungen vorzunehmen. Sehr beliebt ist es, auf diese Weise dem Ehemann der verheirateten Geschäftsinhaberin einen weit­gehenden Einfluss auf das Geschäft einzuräumen, ohne ihm das Eigen­tum an demselben zu übertragen.

2. Die Kontoristin

Der Begriff Kontoristin ist schwankend. Man versteht darunter einerseits jüngere Buchhalterinnen, die nur untergeordnete Arbeiten machen, ohne das Übertragen der Bücher zu übernehmen, anderseits aber auch wieder gerade die vielseitig thätigen, die alle Kontorarbeiten, einscbliesslich der gesamten Buchhaltung, besorgen und stellt sie in Gegensatz zur Buchhalterin, die nur die Bücher führt und sich um sonst nichts zu kümmern braucht.

Für Kontoristinnen gibt es drei Wege der Ausbildung:

Der erste, älteste, aber längste und finanziell undankbarste ist der Eintritt in den Beruf, ohne jegliche theoretische Vorbildung. Er ist aber nur solchen Mädchen anzuraten, die durchaus nicht die Mittel zu irgend welcher Vorbildung erschwingen können. Solche Lehr-