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Die Selbständigmachung einer Modistin erfordert Kapital, da da­zu ein Laden und Vorräte verschiedener Gegenstände gehört. Man kann auch ohne Laden und nur auf Bestellung arbeiten, doch macht dies Schwierigkeiten, da die kaufende Damenwelt gerade in Bezug auf Hüte Auswahl haben und Fertiges sehen will, daher Vorräte und Laden notwendig sind. Immerhin ist es, besonders in kleineren Städten, wo die Möglichkeit, auch ohne Laden bekannt zu werden, eher gegeben ist, bei guter, geschmackvoller und preiswürdiger Arbeit möglich, sich eine gute Kundschaft zu erwerben.*)

2. Näherinnen und Konfektionsarbeit erinnert

Die Berufszählung von 1895 weist 30G 446 Näherinnen auf, davon 289 937 im Hauptberuf. Die meisten von ihnen wären rich­tiger den verschiedenen Abteilungen der Konfektionsarbeiterinnen zu­zuzählen; die übrigen befinden sich in verhältnissmässig günstigerer Lage als ihre Kolleginnen von der Konfektion. Soweit sie bei Privaten arbeiten, beziehen sie bei freier Kost einen Lohn, der je nach der Grösse des Ortes und der Arbeitsart zwischen 0,80 und 2 M. schwankt. Die daheim für Private arbeitenden Weissnäherinnen erhalten Akkord­löhne, die die in Geschäften üblichen übersteigen. Sie sind aber sehr den Zufällen der Arbeitslosigkeit ausgesetzt oder arbeiten je nachdem in der Saison für Geschäfte, in der stillen Zeit für Private.

Näherinnen werden in den Änderungs-Ateliers grösserer Geschäfte beschäftigt (besonders in Mäntelgeschäften) und erhalten dafür 14 bis 16 M. die Woche; allerdings wird bei ihnen völlige Kenntnis der Hand- und Maschinennäherei vorausgesetzt. Zuweilen wird auch die Kenntnis des Zuschneidens von den jungen Mädchen gefordert. In diesem Falle erhöht sich meist das Gehalt, das gewöhnlich in den ersten 3 Monaten 5060 M. monatlich beträgt und bei guten Lei­stungen bis 150 M. steigt.

Die Konfektionsarbeiterin ist eine Näherin, die sich mit der Herstellung von Kleidungs- oder Wäschestücken für den Vertrieb im Grossen und im Auftrag bezw. auf Rechnung eines Unternehmers befasst. Man unterscheidet eine Herren-, Damen- und Kinderkonfek­tion, daneben eine Trikotwaren- und Mäntelkonfektion, ferner die verschiedenen Abteilungen der Wäschekonfektion, als da sind, Unter­rocks-, Schürzen-, Blusen-, Herrenwäschekonfektion. Die Berufsstatistik von 1895 führt unter Konfektion nur 15 191 Männer und 43 682 Frauen auf, während bei unserer Fassung des Begriffs, die die in fachmännischen Kreisen übliche ist, noch ein grosser Teil der 289 938 Näherinnen, wie der halben Million Schneider und Schneiderinnen hier mitzuzählen wäre.

*) Eliza Ichenhäuser, Erwerbsmüglichkeiten für Frauen. Berlin, Ebliardt & Co. S. 117 f.

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