107

80 Pfg. täglich zu bringen vermochten. In Düsseldorf verdienen Joppennäherinnen von früh 5 bis nachts .10 Uhr wöchentlich 6 bis 7 M.; eine Heimarbeiterin für ein Wäschegeschäft, die sich und zwei Kinder zu ernähren hatte, verdiente wöchentlich 5 M. 95 Pfg., wovon ihr nach Abzug der Miete zum Leben noch 1 M. 55 Pfg. oder 22 Pfg., pro Tag verblieben. In Dresden beziffert sich der durchschnittliche Tagelohn in der Wäschefabrikation auf 75 Pfg. bis 1 M. 55 Pfg. In Württemberg, wo die Hausindustrie besonders im Schwange ist, stieg der tägliche Verdienst der Heimarbeiter in einem einzigen Geschäft auf 2 M. 40 Pfg., sank dann aber bis auf 42 und 35, ja in einem Falle bis zu 20 Pfg. Bei einem Ludwigsburger Weiss Warengeschäft konnten bei 15- bis 18 ständiger Arbeit nur 1 bis 1 M. 20 Pfg. ver­dient werden. Die deutschen Konfektionsbranchen, worunter Mäntel-, Herren-, Kinder-, Jupons- und Blusen-, Wäsche-, Weiss- und Putz­waren wie Kinderkonfektion zu verstehen sind, führten im Jahre 1892 für rund 124Y 2 Millionen Mark Ware nach dem Auslande aus; ihr Gesamtumsatz wird auf 400 Millionen Mark geschätzt. Man kann hiernach bemessen, welche ungeheure Zahl von Händen die Branche beschäftigt.

Welche Fülle von Elend sich hier häuft, erhellt aus den Berliner Angaben, dass für ein Dutzend Damenhemden 1 M. 25 Pfg. bis 2 M., für sehr gute Ware 3 M. 50 Pfg. bis 4 M., ein Dutzend Oberhemden 3, 5 und 6 M., für ein Dutzend Wirtschaftsschürzen 60 bis 75 Pfg., Arbeiterhemden 1 M. 25 Pfg. das Dutzend, Sport­hemden, die ebenso genau wie Oberhemden gearbeitet sein müssen, zwischen 1 M. 75 Pfg. und 2 M. 40 Pfg. bezahlt werden. Ebenso steht es in der Damenkonfektion. Die Mäntelnäherin erhält für ein Jaquet 90 Pfg., oft noch weniger, für einen Regenmantel 1 M. 25 Pfg. In der Berliner Mäntelkonfektion verdienen geübte, geschickte Nähe­rinnen, wozu aber dort sehr viel gehört, wenn sie die halbe Nacht mit zur Hilfe nehmen, wöchentlich bis zu 15 M., gewöhnlich bringen es aber tüchtige alte Arbeiterinnen nur auf 9 bis 12 M. wöchentlich. Gleich schlimm steht es in der Herrenkonfektion, wo beispielsweise für einen Postbeamtenanzug (Rock, Hose und Mütze) 5 M., für einen Herrenrock 2 bis 2 M. 50 Pfg., für eine Herrenhose 20 bis 25, oder 30 bis 35 Pfg. bezahlt werden. In der Knabenkonfektion schwankt der wöchentliche Verdienst zwischen 3 und 10 M. Ähnlich liegen die Verhältnisse überall, an vielen Orten vielfach sogar noch schlimmer. So erhält in München eine tüchtige Schürzennäherin für das Dutzend 60 bis 80 Pfg., für das Dutzend wollene Damenhosen 80 Pfg. u. s. w. Zu diesem Verdienst kommen noch Wochen, ja Monate Arbeits­losigkeit.

In der Stadt Posen ist neuerdings eine Anzahl wohlhabender Damen zusammengetreten, um dem Näherinnenelende zu steuern und einen Verein gegen die Ausbeutung der Näherinnen zu gründen. In