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3. Inhaber innen vonArbeitsstuben

Arbeitsstuben sind eine grossstädtische Einrichtung, die nament­lich in der Wäsche-, Kinder- und Mäntelkonfektion Raum gewonnen hat. Die Inhaberinnen von Arbeitsstuben sind Zwischenunternehme­rinnen, die ihr kleines Kapital zur Anschaffung von Näh-, Strick- und Stickmaschinen, sowie andern Gerätschaften verwenden und Arbeiten von Wäsche-, Schürzen- und ähnlichen Geschäften gegen bestimmte Akkordsätze für das Stück oder Dutzend übernehmen. Sie tragen das Risiko für gute Ausführung, aber sie verrichten die Arbeit meistens nicht selbst, sondern engagiren zu derselben einfache Arbeiterinnen. Ihren Nutzen bildet der Unterschied zwischen den vereinbarten Akkord­sätzen und den Aufwendungen für Arbeitslohn, für Verzinsung des Anlagekapitals, für Heizung u. dergl. Bei der Berechnung des Nutzens muss natürlich die eigene Arbeit der Aufsicht, des Zuteilens und Zuschneidens, des Plättens u. s. w. mit in Rechnung gezogen werden. Jedenfalls finden in den Grossstädten eine beträchtliche An­zahl Frauen darin eine ausreichende Nahrungsquelle. Doch soll nicht verhehlt werden, dass diese Art des Zwischenunternehmertums auch ihre Schattenseiten hat. Abgesehen von der wechselnden Konjunktur tritt je nach der Jahreszeit Überarbeit oder Arbeitslosigkeit ein. Ferner muss die Abhängigkeit berücksichtigt werden, in der sich eine solche Frau von dem Hauptunternehmer befindet und die sie zwingt, auch auf den Lohn der ihr unterstellten Arbeiterinnen zu drücken.*)

4. Die Direktrice, Zuschneiderin u. s. w.

Die Befähigung der Frau für die gewerblichen Fächer als Direktrice, Zuschneiderin u. s. w. braucht wohl nicht bewiesen zu werden; die Frau ist auf diesem Gebiete einfach unentbehrlich.

An die gewerblichen Hilfskräfte werden höhere Ansprüche als an die kaufmännischen gestellt, da es hier gerade auf die besondere Tüchtigkeit der Einzelpersonen ankommt, von der oft das Gedeihen des Geschäftes abhängt. Besitzt die Direktrice eines Wäsche-, Putz­oder Tapisseriegeschäfts nicht die nötige Intelligenz und den erforder­lichen Geschmack, so nützt alle Tüchtigkeit des Chefs und der Reisenden nichts, sie werden ihre Waren doch nicht anbringen. Deshalb sind tüchtige Direktricen in allen Branchen ausserordentlich gesucht. Bis­her sind in der Kostüme-, Putz-, Tapisserie-, Wäsche- und Schirm­branche Direktricen thätig.

Vielfach begegnet man in Frauenzeitungen Darstellungen, als ob etwa jedes Mädchen, das das Lehrerinnenexamen gemacht hat, aber zum Unterrichten nicht taugt, nur schlankweg in den Beruf der

*) Julius Meyer u. J. Silbermann, a. a. O. S. 254 f.