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Direktrice hineinspaziren könne. So ganz einfach ist die Sache denn doch nicht, und schon der Umstand, dass auf dem Wege der Anzeige viel häufiger Direktricen gesucht werden als es Direktricenstellen gibt zu denken. Es ist die überall beobachtete Thatsache, dass für verantwortungsvolle Posten mit hohen Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit immer nur wenig Menschen gefunden werden, während die geringeren Kräfte sich um die sog. leichten Stellen, die beliebten ,,bequemen Posten“ bewerben. Von zwei einfachen Lehrmädchen, die gleichzeitig in ein gutes Schneiderinnenatelier eintreten, wird eine nach mehreren Jahren eine Direktrice mit 150 M. Monatsgehalt, während die andere ihr Leben lang für 5 bis 7 M. Wochenlohn endlose Nähte auf der Nähmaschine herunterrasselt. Hier begegnen wir einem Mädchen, das aus eigenem Geschick, ohne Lehrzeit, durch Arbeit für ein Konfektionsgeschäft bis zu 9 M. täglich verdient, dort einer anderen, die kaum den Tag 1 M. erwirbt. Begabung, vor Allem aber Willenskraft, angespanntes Nachdenken und strenge Gewissenhaftigkeit machen den Unterschied aus. Der geregelte Weg für eine Direktrice ist der, in dem bestangesehenen Schneideratelier, Konfektions- oder Wäschegeschäft, das ihr zugänglich ist, eine Lehrzeit durchzumachen. Mittelgrosse Häuser verdienen den Vorzug vor sehr grossen. Geht es irgend an, so zahle man Lehrgeld; jedenfalls ist ein regelrechter Kontrakt abzuschliessen. Die Lehrzeit beträgt ca. ein Jahr. Dann arbeitet man etwa noch ein Jahr gegen Bezahlung und besucht darauf eine Zuschneideakademie. Gelegenheit zum Erlernen der sehr notwendigen Buchführung ist in diesen Anstalten zumeist gegeben, auch Stellenvermittlung ist damit verknüpft. In Berlin wird das Durchschnittseinkommen auf 100 M. monatlich veranschlagt, doch sind dabei die nicht akademisch gebildeten Kräfte eingerechnet, die zum Teil nur Vorsteherinnen von Arbeitsstuben sind. Durchweg ist es für Direktricen nicht gut, zu jung zu sein.
Leider hat sich in der Damenmäntelbranche die Frau infolge ihrer bisherigen mangelhaften Ausbildung eine leitende Thätigkeit noch nicht erobert. Wir haben hier zwar Direktricen, die das Abstecken beim Anprobiren besorgen, auch die Arbeiter kontroliren, aber von massgebender Bedeutung ist nur der Konfektionär, der vor allem die Modellzeichnungen entwirft. Viel Geschmacklosigkeit und Naturwidriges in der Mode würde verschwinden, wenn nur tüchtig geschulte Frauen die Modesachen herstellten.
Die Direktrice im Wäschegeschäft muss ebenfalls eine gründliche und praktische Schulung durchgemacht haben, und zwar im Wäschenähen, in der Anwendung der Apparate der Nähmaschinen, im Zuschneiden u. s. w. Hierfür kann schon ein halbes Jahr ausreichen, und zwar ist das Honorar dafür z. B. in einer Frauenarbeitsschule in Wiesbaden 60 M., in der Gewerbeschule für Mädchen zu Hamburg 64 M., in der Frauenarbeitsschule in Reutlingen 54 M. u. s. w.