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Zahlreiche grosse Geschäfte, die Kunststickereien liefern, werden heute von grosskapitalistischen Unternehmern betrieben, die sich jene Sachen gegen geringen Lohn von Frauen anfertigen lassen. Da es sich hier aber um ein Arbeitsgebiet handelt, das seit alter Zeit in den Händen der Frauen lag, könnten manche Frauen die Früchte ihrer Arbeit aucb selbst geniessen, wenn sie ausser einer allseitigen gründlichen Ausbildung die nötige Initiative und kaufmännische Routine besässen. Sie könnten dann, da es dabei meist nicht auf grosse Kapitalien ankommt, eine selbstständige Existenz führen, anstatt ihr Leben in proletarischer Abhängigkeit zu verbringen.

d) Das Teppichknüpfen. Vom Norden her, besonders von Norwegen, ist das Gewerbe der Teppichknüpferei zu uns gekommen. Das Teppichknüpfen und -Weben ist dort schon lange als lohnende Arbeit bei den Frauen heimisch; aber auch in Deutschland fängt sie an, sich als Industriezweig einzubürgern, nachdem die preussische Regirung an verschiedenen Orten Teppichfabriken gegründet hat. Das Knüpfen der gewöhnlichen Smyrnateppiche ist leicht zu erlernen. Wertvoller sind aber die auf dem Webestuhl gearbeiteten türkischen Teppiche. Die erforderliche Fertigkeit eignet man sich in einem Kursus in einer Webeschule (z. B. in der städtischen Webeschule, Berlin, Markusstrasse 49) an.

e) Das Spitzenklöppeln. Spitzenklöpplerinnen und Spitzen­näherinnen werden in der Kunsthandarbeitsschule des Lettevereins in Berlin, in der Kunststickschule des Wiener Frauen-Erwerbsvereins u. s. w. ausgebildet.

f) Die Kunstweberei. Wenn bisher Frauen sich der Textil­kunst zuwandten, geschah es nur nach der Richtung der Verarbeitung und Verzirung der Stoffe. Die Herstellung der Stoffe selbst wurde ver­mieden als ausschliessliches Gebiet der Grossindustrie. Erst jetzt hat man erkannt, dass einige Handwebtechniken geeignet sind, die mechanische Weberei zu ergänzen, weil sich mit ihnen bildmässige, in ihren Bestandteilen nicht wiederkehrende (rapportlose) Muster her- steilen lassen. Man hat diese künstlerisch der mechanischen Weberei überlegenen Handwebtechniken besonders in Skandinavien mit Erfolg wieder eingeführt. Besondere Fachschulen sind dort und auch in Deutschland für sie gegründet worden, und Hausindustrien und Werk­stätten haben sich um sie gebildet. Man hat zur Wiederbelebung dieser Techniken sowohl schöne alte Muster neu anfertigen, als er­folgreich neue Muster von Künstlern anfertigen lassen. Die neue Industrie bewährt sich zunehmend, und das Interesse an ihren Erzeug­nissen wächst.

In der Kunstwebeschule in Scherrebeck (bei Tondern in Schleswig- Holstein) dauert der Kursus 46 Wochen (40 M.). Die Anstalt hat bereits eine Anzahl Lehrerinnen ausgebildet.

Um die Leinen- und Baumwollweberei weiteren Kreisen zugäng-