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Diese Drehung der Walze wird durch ein mit den Füssen getretenes Rad bewirkt. Ätzungen, und, bei genügender Gewandtheit im Zeichnen, Radirungen, und zwar diese vornehmlich für kunstgewerb­liche Illustrationen, bieten gleichfalls Gelegenheit zum Erwerb. Ungemein ausbildungsfähig ist die Filigrantechnik. Leider ist diese diskreditirt worden durch die von Dilettantinnen auf Bazaren und Messen vorgeführten Leistungen. Wer die Arbeiten der österreichischen Fachschulen in Salzburg und Tirol oder das Filigran der Norweger, der Venezianer, der Bewohner der griechischen Inseln oder gar der Chinesen kennt, weiss, zu welcher ausgezeichneten Wirkung sich diese feinen Gold- und Silberdrähte fügen lassen und wie das Gefüge be­sonders gewinnt, wenn es farbige Steine oder, wie in China, die emailartig schimmernden blauen Federn des Eisvogels umschliesst. Ein weites Feld der Thätigkeit eröffnet die Oberflächenbehandlung der Metalle. Tauschiren, Ciseliren, Nielliren und Emailliren sind hand­werkliche Künste, die auch eine von richtigem Verständnis und feinem Geschmack geleitete Frauenhand auszuüben vermag. Schliesslich sei noch auf die Thätigkeit als Malerin für Majolika und Porzellan hingewiesen.*)

Über kunstgewerbliche Arbeiten von Frauen schreibt H. Naum­burg in einem Feuilleton derKölnischen Volkszeitung**):

Die Frauen sollten sich dem Kunstgewerbe zuwenden. Das war ein Kat, den die Künstler vor Jahren den Malerinnen zu geben pflegten, nachdem die Herren ihnen zum so und so vielten Male die Befähigung für die eigentliche Kunst abgesprochen hatten. Seitdem ist die Beteiligung der Künstlerinnen an den Ausstellungen eine Thatsache geworden, mit der sich jede Jury mehr oder minder gutwillig abfindet. Daneben haben die Damen auch den ihnen erteilten Rat befolgt langsamer allerdings weil die Sache sehr viel grössere Schwierigkeit hatte, als die Ratgeber meinten: denn man muss dabei, wenn etwas Gutes daraus werden soll, die Kunst und das Handwerk beherrschen.

Die damals weitverbreitete Vorliebe für Renaissanceformen lenkte die Aufmerksamkeit auf die alten Majolikagefässe. Einige Töpfer bildeten sie nach, und weibliche Hände bemalten sie, oft die alten Muster einfach kopirend. Oder sie versuchten durch freierfundene und moderne Malerei den alten Formen ein neues und eigenartiges Gepräge zu verleihen. Es wurden und werden in dieser Art sehr hübsche Sachen gemacht, wie z. B. auf der Berliner Ausstellung die von Frau Hofmann Fallersleben mit Blumen und Früchten bemalten Majolikavasen. Aber die Künstlerin hing dabei ganz von dem Töpfer ab, dem das künstlerische Verständnis meist abging, die Formen sanken bald zur Dutzendware herab. Dazu kam, dass sich die Dilettantinnen gerade dieser Kunstüi>ung bemächtigten, und ermutigt durch die Wahrnehmung, dass man an den kostbaren alten Stücken oft Verzeichnungen findet, verübten sie die grössten zeichnerischen Frevel, als ob dies die Hauptsache bei der Majolikamalerei sei. So kam dieser Zweig des Kunstgewerbes bald in Misskredit.

*) Georg Buss, Die Frau im Kuns'gewerbe. Berlin, Richard Tändler. 1895. L. Stohmann, Kunst und Kunstgewerbe (Frauen-Beiufe). Leipzig, E. Kempe, 1899.

**) 3. Sept. 1899.