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eine grosse Förderung, deren gerade das Kunstgewerbe dringend bedarf. Auch fallen solche von vornherein für einen bestimmten Platz oder Zweck entworfenen Arbeiten im allgemeinen noch besser aus als die für eine Ausstellung bestimmten. Denn da die Herstellung der Ausstellungssachen der Künstlerin meist grosse Opfer an Auslagen auferlegt, darf der Ge­schmack des kaufenden Publikums nicht ganz ausser acht gelassen werden. Andererseits verleitet überhaupt das ganze Ausstellungswesen zu vielen Übertreibungen; um sich in der bunten Menge geltend zu machen, wird leicht zu immer stärkeren Mitteln gegriffen, auf Kosten der künstlerischen Feinheit. Ganz anders bei einem bestimmten Aufträge: da versenkt sich die Künstlerin in die ihr gestellte Aufgabe.

Was die Lehranstalten betrifft, so ist vor allem musterhaft die Unterrichtsanstalt des königlichen Kunstgewerbemuseums zu Berlin, die auch weiblichen Schülern zugänglich ist. Dieselbe teilt sich in Fach­klassen, die in bezug auf die zeichnerische Thätigkeit in Klasse a) für architektonisches Zeichnen, b) für die Holz-, Metall-, Stein-, Thon- und Glasindustrie und c) für Musterzeichnen zerfallen. Letztere hat nun wieder mehrere von einander unabhängige Abteilungen, deren erste dem Entwerfen von Mustern für Weberei, Stickerei, Tapetendruck, kurzum für den Musterzeichner im engeren Sinne bestimmt ist. In der zweiten Ab­teilung werden die Zeichner für Buntdruck und Buchausstattung, für Graveur- und Emailarbeiten, für Glas-, Porzellan-, Majolikadekoration, sowie die Fächermaler vereinigt. Die Lehrzeit der Fachklassen ist durch­schnittlich auf drei Jahre festgesetzt, doch kann dieselbe den Fähigkeiten und Fortschritten der Schüler gemäss abgekürzt oder verlängert werden. Zugelassen werden nur Schüler, die schon einige künstlerische Vorbildung besitzen, und Vollschüler sind nur die, welche sich mit Ausschluss jeder Nebenbeschäftigung ihrer Ausbildung widmen. Das Schulgeld für die­selben beträgt im ersten Jahre 108 M., im zweiten (10 M., im dritten 30 M. Nach vollendeter Ausbildung erhalten die Vollschüler ein Ab­gangszeugnis.

Ähnliche Anstalten sind in Leipzig: Kunstgewerbemuseum, 25Thomas­kirchhof. Zeichnen, Malen 10 M. halbjährlich.

In Halle a. S.: Kunstgewerbeschule, Heinrichstrasse 1. Kursus im Zeichnen und Malschule; in dieser Abteilung werden Frauen zum Besuch von Kunstschulen zwecks Lehrerinexamens vorbereitet, 24 Stunden die Woche; Honorar 2030 M. vierteljährlich.

Die Mainzer Kunstgewerbeschule hat auch eine Damenabteilung.

Der Frauenerwerbsverein in Dresden, Ferdinandstr. 13, hat in seinen industriellen Kursen eine Zeichenschule, die sich in die Gewerbezeichen­schule und in besondere Zeichen- und Malklassen teilt. Kursus für Musterzeiehnerinnen22 7» Jahre. Kosten200250M. jährlich. Schülerinnen dieses Kurses sind in den Ateliers grosser Fabriken mit 100160 M. Monatsgehalt angestellt.

Die schwedische Kerb- und Flachschnitzerei, die auf Anregung der Frau Grossherzogin von Baden von Frau Koth als Frauenarbeit in Deutschland eingeführt worden ist, wird jetzt in sämtlichen kunst­gewerblichen Frauenschulen gelehrt, desgleichen auch der Lederschnitt, die Ätzarbeit, das Leder- und Holzbrennen, die Knetarbeit u. a. m. Das Monatshonorar für jede einzelne dieser Arbeiten variirt zwischen 47 M., und für eine jede dürfte ein Quartalskursus genügen.

Ausser den kunstgewerblichen Schulen für Frauen bestehen auch Spezialkurse. In dem Ätelier von Elisabeth Ankermann, Yorkstr. 79 111 - in Berlin werden alle kunstgewerblichen Arbeiten, als Schnitzen, Brennen, Lederpunzen, sowie auch Porzellanmalen neben anderen Malarten gelehrt. Der Unterricht im Atelier erstreckt sich auf 3 Vormittagsstunden und

Kellen, Die Frauen im Handel und Gewerbe 9