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Als glücklichen Ausnahmefall muss man es bezeichnen, wenn sie gleich eine Stellung mit nennenswertem Gehalt finden.

Musterzeichner sind auf allen Gebieten gesucht, freilich unter sehr hohen Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit; z. B. Teppichfabriken, Tapetenfabriken, Kretonnefabriken u. a. m. suchen und beschäftigen eine grosse Anzahl von .Musterzeichnern, ebenso bietet sich einer Zeichenkraft für Buntdruck und Buchausstattung, für Graveur- und Emailarbeiten ein Feld der Beschäftigung. Die Höhe der Gehälter richtet sich ganz nach den Fähigkeiten; es ist schwer, darin eine Norm anzugeben, man kann sagen, dass das Jahresgehalt einer fest angestellten Arbeitskraft sich von 1000 M. an aufwärts bewegt bis zu 3000 oder 4000 M.

Durch den Verkauf kunstgewerblicher Malereien wird eine Frau kaum genügenden Unterhalt finden. Es ist jedenfalls ratsam, eine feste Anstellung zu suchen. Die königliche Porzellan-Manufaktur in Berlin-Charlottenburg z. B. hat mehrere der besten Schülerinnen des Kunstgewerbemuseums angestellt, von denen einige 100 M. monatlich erhalten. Das königliche Institut für Glasmalerei beschäftigt ebenfalls Damen, allerdings bei einem Tagelohn von nur 2,50 M., trotzdem an die Glasmalerei recht grosse Anforderungen in technischer Übung und Fertigkeit gestellt werden*).

Zeichenlehrerinnen, deren Ausbildung in sämtlichen Frauen­gewerbeschulen die gleiche wie die der praktischen Zeichnerinnen ist, erhalten nach Ablegung ihres Examens verhältnismässig leicht eine Stellung an den sehr stark zunehmenden Frauen ge werbe- und Frauen­arbeitsschulen, wie auch an höheren Töchterschulen, Pensionaten u. s. w. Nicht zu übersehen ist dabei, dass staatliche Anstellungen ein Examen in einem zweiten Fach fordern, z. B. im Turnen oder Handarbeiten, für deren Vorbereitung durchschnittlich noch ein Vierteljahr zu rechnen ist. Das Gehalt einer Zeichenlehrerin schwankt zwischen 1000 M. und 1800 M. jährlich.

Über wissenschaftliches Zeichnen als Frauenerwerb schreibt Fürs Haus**):

Bisher haben nur vereinzelte Frauen ihr Zeichentalent für die Natur­wissenschaft verwendet, und doch würden hier noch viele einen lohnenden Erwerb in zusagender Thätigkeit finden, ohne bedeutende Unkosten für die Ausbildung aufwenden zu müssen. Die für diesen Beruf eriorderlichen Fähigkeiten sind: Begabung für Zeichnen, gesunde, kräftige, scharfe Augen, sichere Hand, peinlichste Genauigkeit und unermüdliche Geduld. Denn besonders das Arbeiten und Beobachten am Mikroskop erfordert stundenlanges Stillsitzen und peinlichste Aufmerksamkeit. Hat ein junges Mädchen bedeutendes Zeichentalent, so kann es ebensowohl nach Durch- machung einer Volks- oder Mittelschule sich die erforderlichen Fach­kenntnisse aneignen. Immerhin werden jungen Mädchen die auf einer

*) Eliza Ichenliäuser, Erwerbsmöglichkeiten für Frauen. Berlin, Ebhardt & Co. 1897. S. 91.

**) 1. Oktober 1899.

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