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In den kunstgewerblichen Abteilungen der Frauen-Gewerbeschule z. B. des Lette Vereins, der Vietorschen Kunstgewerbeschule in Wiesbaden u. s. w. ist die Lehrzeit nicht streng festgesetzt; es werden dort meistens Viertel- oder Halbjahrskurse erteilt, für die das Honorar verschieden festgesetzt ist, für das Jahr zwischen 70 und 100 M. Wer aber eine tüchtige Ausbildung wünscht, rechne auf eine dreijährige Lehrzeit. In der dreijährigen Fachklasse erlernt man auch die Gobelinmalerei, die Broncemalerei u. s. w.

b) Die kunstgewerbliche Lehrerin. Da kunstgewerbliche Erzeugnisse, wie Holzbrandmalereien, Ätzereien, Lederarbeiten, Kagel- arbeiten, Keramik- und Porzellanmalerei, Zinngravir- und Bossir- Arbeiten, schwedische Kerb- und Flachschnitzereien verhältnismässig schlecht bezahlt werden, suchen künstlerische Talente ihre Fertigkeiten in der Lehrthätigkeit zu verwenden. Privatschulen, besonders in kleineren oder Mittelstädten, pflegen jetzt häufig jene modernen kunst­gewerblichen Fertigkeiten dem Handarbeitsunterrichte anzureihen oder je nach Wunsch und Bedürfnis derartige Lehrkurse einzurichten. In allen kunstgewerblichen Lehranstalten gibt es Spezialkurse. Doch darf sich eine tüchtige Lehrerin nicht allein mit der erlernten äusseren Technik genügen lassen. Um Erspriessliches lehren zu können, muss sie die Beschaffenheit des Materials von Grund aus kennen lernen, das Rohmaterial und dessen Bearbeitung in den Fabriken beobachten. Oft kann dann mit dem gebotenen Material selbständig und künst­lerisch geschaffen werden. Es bietet sich der fachlich ausgebildeten und künstlerisch empfindenden Lehrerin dann ein sehr dankbares Feld ihrer Thätigkeit, um je nach der augenblicklich herrschenden Mode die verlangte Technik durch künstlerische Ausgestaltung auf die Höhe zu bringen. Durch derartig gebildete Lehrerinnen wird ein besserer Geschmack und ein geschulteres Verständnis für das Kunst­gewerbe vielen Frauen und Mädchen, welche in der Erlernung irgend einer Kunstfertigkeit nur eine oberflächliche Zerstreuung suchen wollten, anerzogen und somit bildend auf das Publikum überhaupt eingewirkt. Es sind mehrfach Fälle bekannt, in denen tüchtige, geschulte Kunst­gewerbe-Lehrerinnen nur durch Privatunterricht eine lohnende Existenz und nebenher viele Privat-Aufträge gefunden haben. Das Monats­honorar für jede einzelne der oben genannten Techniken pflegt für jede Schülerin 4--10 M. zu betragen; der Unterricht im eigenen Atelier, je drei Vormittagstunden umfassend, 10 bis 15 M., je nach der Zahl der daran teilnehmenden Schülerinnen.

Hat man die Mittel, sich in einem geeigneten und konkurrenz­freien Orte niederzulassen und einige Reklame zu machen, oder ver­fügt man, was meist noch mehr nützt, über gute Verbindungen, die eine persönliche Empfehlung nicht scheuen, so dürfte es nicht zu schwer fallen, 10 Schülerinnen pro Monat zu bekommen; da man den Unterricht klassenweise giebt, würde dies nicht allzu viel Zeit