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die Radirung auf der Kupferplatte angefertigt wird, werden die Karten unten in der Druckerei gedruckt, geschnitten und versandtfähig ge­macht. Die Druckerei wird ebenfalls von Frauen besorgt. Dort kann man ein Mädchen mit einer grossen Schürze angethan, emsig die Karten auflegen und das Rad drehen sehen. Die Druckerin verdient etwa 2 M. täglich. Die Arbeit wird im Akkord bezahlt. Es ist möglich, dass die Frauen, wenn sie geneigte Arbeitgeber finden, hier ein neues und dankbares Feld erringen, denn das künstlerische Empfinden, das hierzu in erster Reihe nötig ist, besitzen die Frauen in der Regel und besonders solche Frauen, die malen und zeichnen gelernt haben.

e) Die Photographin. Das weibliche Geschlecht hat auch die Photographie in den Bereich seines Erwerbs gezogen. In grösseren Städten giebt es photographische Anstalten, die von Frauen geleitet werden und sich einer guten Kundschaft erfreuen. Die Photographie ist bekanntlich erst im zweiten Drittel unsres Jahrhunderts ein Ge­werbe geworden, weswegen von einer traditionellen männlichen Thätig- keit auf diesem Gebiete nicht gesprochen werden kann. Der Gewerbe­zweig eignet sich übrigens für Frauen ebensogut wie für Männer, und man kann ihn umsoweniger unweiblich nennen, als die Beschäfti­gung mit Malen und Zeichnen den Frauen niemals versagt worden ist.

Seit einer Reihe von Jahren hat denn auch eine stetig zunehmende Zahl von Frauen sich im photographischen Berufe zu behaupten ver­standen und da die Photographie noch lange nicht am Ziel der Vollkommenheit der Ausführung und ihrer Verwendbarkeit auf allen Gebieten angelangt ist, so stehen dem Berufe auch noch bedeutende Fortschritte in Aussicht. Wer eine Ahnung von den Verbesserungen und Neuerfindungen der letzten Jahre auf dem Gebiete der Photographie hat, der mag wohl verstehen, welches unabsehbare, fruchtbare Feld noch vor dem emsigen Arbeiter und Forscher liegt, ob derselbe mit Männer- oder Frauenhänden schafft.

Lehranstalten für Frauen besassen zuerst der Lette-Verein in Berlin, nach ihm der Frauenbildungs-Verein in Breslau. Freilich werden von den Schülerinnen des ersteren nicht alle Berufs-Photogra­phinnen, viele treiben die Kunst nur aus Liebhaberei, viele nahmen günstige Engagements in photographischen Ateliers an, einige wenige, 12 vom Hundert, haben sich selbständig gemacht. Zwei im Lette- Verein ausgebildete Photographinnen sind im Eppendorf er Kranken­haus (bei Hamburg), eine im Allgemeinen Krankenhause in Hamburg selbst und eine in der Universitäts-Klinik zu Greifswald angestellt, speziell für Röntgen-Aufnahmen.

Die Ausbildung erfordert mindestens ein Jahr emsigen Lernens; ein halbes Jahr rechne man auf Erlernung einzelner Spezialfächer und die wichtigsten photographischen Verfahren. Die strebsame Photo-