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oft recht ungezwungenen Verkehr der Geschlechter in Fabriken leider zu beobachten, und welcher Gefahr auch das Aufsichtspersonal unter­worfen ist. Darüber äussert sich die badische Fabrikinspektion aus­führlicher wie folgt:Bei der Revision verschiedener Betriebe, in denen ausschliesslich oder vorwiegend Arbeiterinnen beschäftigt werden, wurde von den Beamten die Einführung weiblicher Aufsicht zur Sprache gebracht. Wenn in diesen Betrieben maschinelle Einrichtungen vor­handen sind, was in der Mehrzahl der Fälle zutrifft, wurde von den Arbeitgebern auf die Notwendigkeit hingewiesen, männliche Personen zur Verfügung zu haben, welche kleine Reparaturen an den Maschinen sofort vornehmen können, und welche bei Betriebsstörungen selbst­ständig einzugreifen in der Lage sind. Von weiblichen Personen könnten diese Arbeiten nicht besorgt werden. Es sei nun naheliegend, dass die männlichen Personen, die höher bezahlt werden müssen, deren Zeit aber durch die genannten Arbeiten nicht voll in Anspruch genommen sei, die Funktion eines Werkmeisters oder Aufsehers er­halten. In dieser Beziehung kommen hauptsächlich die Federnfabriken, Sackfabriken u. dergl. in Betracht. In einer namhaften Anlage der Textilindustrie, die nach ihrer Spezialität nur Arbeiterinnen beschäftigt und in welcher die oben genannten Gründe für die Beibehaltung männlicher Aufsicht in geringerem Masse zutrafen, musste beanstandet werden, dass ein noch sehr junger männlicher Beamter, der zudem in der Fabrik wohnte, die Aufsicht über das weibliche Personal zu führen hatte.

Hier finden wir schon deutlich die Möglichkeit ausgesprochen, dass in Anlagen der Textilindustrie, in welchen nur weibliche Arbeiter thätig sind, auch weibliches Aufsichtspersonal verwendbar sei. Ein noch sehr junger Mann wurde amtlich als weiterhin nicht zur Auf­sicht geeignet bezeichnet und älterer Ersatz verlangt.

Aus dem Regirungsbezirk Potsdam wird gemeldet, dass Fälle, in denen die Leitung des ganzen Betriebes oder einer Betriebsabteilung befähigten Arbeiterinnen übertragen wird, zwar immer noch selten Vor­kommen, trotzdem aber eine Vermehrung derselben festzustellen sei. So steht eine neue Zigarettenfabrik in Friedrichshagen mit über 50 Arbeiterinnen unter der Leitung einer jungen Dame, die neben ihrer Fachkenntnis die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vollkommen beherrscht. Ebenso wird eine Dampfwaschanstalt in Potsdam mit ausgedehnter Verwendung von Maschinen mit gutem Erfolg von einer Dame geleitet. An männlichem Personal steht ihr nur der Kessel­heizer und Maschinenwärter zur Seite.

Lernten wir bisher schon das elektrotechnische Fach, sowie die Textilindustrie und die Konfektionsbranche, als für weibliche Werk­meister geeignet kennen, so werden uns hier die Zigarettenindustrie, sowie die Dampfwaschanstalten als weiteres Feld weiblicher Aufsichts- thätigkeit an der Hand praktischer Beispiele vorgeführt. Die als *