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einzutreten, und sei es bei noch so geringem Gehalt. Dort erst wird sie genügend in die Praxis eingeweiht werden, um späterhin auf eigenen Füssen stehen zu können

Die Lehrzeit ist, wie zu jeder eigentlich mechanischen Arbeit eine verhältnismässig kurze, die Gewandtheit, Leichtigkeit des Griffs, Sicher­heit beim Aufstecken u. s. w. sind nur durch Übung zu erlangen. Vor allen Dingen ist aber ein gewisses Physiognomienstudium zum erfolgreichen Frisiren nötig; die Friseurin muss nämlich im stände sein, zu erkennen, was für ihre Kundinnen wirklich passend ist. Zur Unter­stützung des fachlichen Wissens giebt es auch eine Friseurzeitung, in welcher neue Frisuren durch Beigabe von Illustrationen erläutert und gelehrt werden.

Für Frauen, die nicht gern den ganzen Tag über aus dem Hause sein möchten oder können, ist die Beschäftigung einer Friseurin eine sehr passende; sie sind dabei immer noch im stände, einen Haushalt zu versorgen und eine Familie zu pflegen. Bisher übten die Friseurinnen in Deutschland ihre Thätigkeit fast ausschliesslich als Hausfriseurinnen aus, d. li. sie verpflichteten sich, gegen einen festen monatlichen Betrag täglich um eine festgesetzte Zeit bei den sie engagirenden Damen zu erscheinen, um sie zu frisiren. Da sie ihre Thätigkeit schon um sechs Uhr, spätestens um 7 Uhr morgens beginnen Geschäftsdamen ist diese frühe Stunde sehr angenehm und sie bis um ein Uhr aus­dehnen eine Stunde, die wieder spät aufstehenden Salondamen passt so ist es ein Leichtes für sie, fünfzehn Kundinnen zu befriedigen. Bedingung dabei ist natürlich, dass dieselben in ein und derselben Gegend wohnen, dass Zeit- und Wegeinteilung praktisch ist, und dass sich die Friseurin nirgends länger als nötig aufhält.

Die Frieseurin erhält heute in der Grossstadt von jeder Dame ein Monatshonorar von 1015 M. und in kleineren Orten von 812 M. Dazu treten dann Festtags- und Gelegenheitsfrisuren, die besonders im Winter recht zahlreich sind, und Haararbeiten mit dem Vorteil am Material dazu, kleiner Gewinn am Verkauf von Pomaden, Kämmen, Haarnadeln u. s. w.

Die Friseurinnen könnten sich viel besser stehen, wenn sie dem Beispiele ihrer männlichen Kollegen folgen würden, wenn sie sich in ihrem Berufe, so wie diese, vervollkommneten und, wo angängig, einen Laden mieten würden, um ihr Geschäft in grösserem Mass- stabe zu betreiben. Ihre Kundinnen könnten sie nach wie vor vormittags bedienen, in ihrer Abwesenheit eine kleine Verkäuferin installiren, die sämtliche Friseurartikel verkauft und gleichzeitig Be­stellungen für den Nachmittag annimmt. Den Nachmittag aber, an dem sie gegenwärtig beschäftigungslos sind, könnten sie dem Geschäft widmen. Bei einiger Geschicklichkeit, geschmackvoll ausgestattetem Ladenfenster und mässigen Preisen wird eine gute Kundschaft gewiss

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