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Während in Hamburg nach dem Quantum verlesenen Kaffees der Lohn berechnet wird, wird er in Yenlo nach dem Quantum der beim Verlesen erzielten Triage (das sind Steine, Nägel, schlechte Bohnen u. s. w.) be­rechnet. Und zwar wird fürs erste Kilo Triage 37 Cent und für jede weiteren 100 Gramm ein Cent berechnet. Wird nun Kaffee ausgegeben mit viel Triage, so können die Arbeiter es auf einen halbwegs annehm­baren Tagelohn bringen, andernfalls sie oft kaum das Salz verdienen und gezwungen sind, bei langer, intensiver Arbeit noch zu hungern. In Köln und Aachen werden Mädchen, die eben aus der Schule entlassen sind, in den Brennereien beim Kaffeeverlesen 11 resp. 12 Stunden beschäftigt. Hier werden nur die besseren Sorten nochmals verlesen und es erhalten die Mädchen pro Tag 0,801,20 M.

Diese Beispiele zeigen klärlich wieder aufs neue die Notwendig­keit der Unterstellung der Hausindustrie unter die Gewerbeordnung. Aber auch die Forderung der Unterstellung der Werkstätten unter die Gewerbeordnung wird immer dringender, wie das letzte Beispiel zeigt. Gerade das Verlesen des Kaffees greift ungemein das Nerven­system an, da unausgesetzt, mit fieberhafter Eile die Finger bew r egt v T erden, während der übrige Körper sich nicht bewegt. Hinzu kommt dann noch die gebückte Haltung und das Staubschlucken beim Arbeiten. Wenn nun bei einer solchen, an und für sich gesundheitsschädlichen Beschäftigung, Mädchen im Alter von 13, 14, 15 Jahren 11 und 12 Stunden täglich beschäftigt werden, so muss das für ihre Gesundheit natürlich höchst verderblich wirken.

16. Kellnerinnen

Nach den Erhebungen der amtlichen Kommission für Arbeiter­statistik im Jahre 1893 waren in 6608 Gastwirtschaftsbetrieben 4378 Kellner und 4093 Kellnerinnen beschäftigt. In Preussen waren doppelt soviel Männer als Frauen angestellt, in Bayern dagegen überwog die Anzahl der Kellnerinnen die der Kellner um das Vierfache, in München sogar um das sechsfache. Unter den Kellnerinnen ist die Prostitution sehr stark verbreitet. Die Arbeitszeit ist sehr lange. Mehr als die Hälfte der Kellnerinnen arbeiten 1416 Stunden und 1 / i noch über 16, ja sogar bis zu 18 Stunden am Tage. Die Kellnerinnen erhalten vom Wirt entweder keinen oder nur einen sehr geringen Lohn (mehr als die Hälfte erhält nicht über 10 M. monatlich). Einen beachtens­werten Schritt, um dem Kellnerinnenunwesen zu steuern und die Animirkneipen möglichst zu beseitigen, hat das grossh. hessische Ministerium gethan. Es hat die Verordnung erlassen, dass einem Wirt, der seinen Kellnerinnen keinen Lohn zahle, und sie infolge dessen nur auf Trinkgelder und andere Einnahmen hin weise, die Kon­zession entzogen v T erden soll. Das Ministerium nimmt an, dass solche Wirtschaften nur dazu dienen, die Völlerei zu fördern und die Un­sittlichkeit zu unterstützen. Weiter hat dann das hessische Ministerium noch die Verordnung erlassen, dass auch dann solchen Wirten, wie