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Stricken.
wenn sie zu Markte gehen oder von da her kommen, ihre Stricknadeln handhaben. — In Amerika hat erst der „Patriotismus" diese Beschäftigung in Credit gebracht, ja gleichsam zur Mode gemacht. Am 30. Septbr. 1861 sah sich nämlich die Sanitätscommission für die Armee deS Nordens, welche die Rebellion der Südstaaten dämpfen sollte, bemüßigt, an die Frauen der loyalen Staaten eine Aufforderung zur freiwilligen Lieferung von Arbeiten ergehen zu lassen, welche für die Bequemlichkeit der Armee im Felde während der Win- tcrmonate nothwendig waren, und worunter insbesondere wollene Socken oder Strümpfe eine Hauptrolle spielten. Sofort bildeten sich „Strickkränzchen", besonders auf dem Lande, und allenthalben entstanden ernstliche Debatten unter den Frauen über* die Anfertigung von Socken mit doppelter Ferse, weil diese nicht so schnell durchgetreten werden können, — darüber, daß (wie es in Dänemark und Rußland der Brauch sein soll) man baumwollenen Zwirn mit dem Wollgarn zusammen stricken muß, um recht starke wollene Strümpfe zu machen u. s. w. — Auch Fausthandschuhe mit Einem Finger wurden häufig zu vorerwähntem Zwecke gestrickt. Fingerhandschuhe nämlich, obwohl bequem zum Arbeiten und vielerlei anderen Verrichtungen, sind verhältnißmäßig kalt, da die Finger, wenn sie getrennt gehalten werden, einander nicht warm halten können. Es ist jedoch noch immer wünschenswerth fast bei jeder Arbeit, den Daumen wenigstens frei zu haben; und dies ist besonders nöthig für Soldaten beim Umgehen mit Feuerwaffen während des kalten Wetters. — Auch die Soldaten unseres „bewaffneten Friedens" in Deutschland würden für eine Frauen-Fürsorge vorerwähnter Art sicherlich dankbar sein.
Die ersten gestrickten seidenen Strümpfe wurden 1547 von Heinrich U. in Frankreich und 1561 von der Königin Elisabeth von England getragen. — Eine uns neue Strickarbeit sahen wir in letzterer Zeit von einer Frau verfertigen, die für sich Schuhe aus schwarzer Wolle strickte und sie dann vom Schuhmacher fertig machen ließ, eine Fußbekleidung von außerordentlicher Elasticität und Leichtigkeit, die sich für Damen gewiß zur Sommerzeit recht sehr eignet. Und endlich eine originelle Anwendung der gewöhnlichen Strickarbeit bietet auch die Verfertigung gestrickter Beduinen für Damen auf dem Wege zu Bällen, Concerten, Theaterbesuchen rc. — Die ganze Beduine wird mit ziemlich starken Nadeln und von sog. Eiswolle und zwar der Länge nach in hin- und hergehenden Touren und fortwährend rechts gestrickt, natürlich durchgehends in doppelter Lage des Stricke- reitheilö. (Siehe „Bazar", Jahrg. 1864, S. 406).
Da, wo bisher die Strickerei als Industriezweig betrieben wurde, beginnt ebenfalls die „Strick-Maschine" die Handarbeit allmählig zu verdrängen. Nur geschieht dies nicht so schnell wie beim Nähen, da doch die Strickmaschinen viel theurer sind, ihre Anwendung compli- cirter ist, und der Bedarf an Strickerei-Artikel nie einen solch' unbegrenzten Grad erreichen kann, als der der Nähterei. — Indessen