I.

Ueber Dienstboten und häusliche "Zielrichtungen.

I. Hausfrauen klugen allenthalben über die Aufführung ihrer Dienstboten und scheinen nicht im mindesten darauf kommen zu wol­len, daß ja gerade sie selbst daran die Schuld zu haben pflegen. Eine Frau von rechtlichem Sinne aber kann nicht auf ihre Unter­gebenen herabsehen, als wenn dieselben nichts mehr wären, als Lastthiere. Vielmehr fühlt und weiß eine Frau von Einsicht, daß dieselben auch unsterbliche Seelen haben und denkende Wesen sind; weiß, daß ein Jedes derselben eben so gut sich des Glückes erfreut und im Elende leidet, ganz wie sie selbst.

DaS geziemende Verhältniß aber zwischen Dienstgebcrin und Dienstboten erheischt zweierlei: Erstens sollte die Hausfrau an gei­stigen und sittlichen Eigenschaften reicher sein, als ihre Untergebenen. Jedenfalls aber muß sie denselben mit einem guten Beispiele vorangehen. Denn dies macht den besten Eindruck. Es wird gar zu gerne übersehen, daß gerade die Hausfrauen es sind, welche die Verantworlichkeit auf sich haben, sowohl für die Ausbildung des Geistes und des Verstandes, als auch für das körperliche Wohl ihrer Dienstboten alle Sorge zu tragen. Ja, sie sind sogar verantwortlich für deren unsterbliche Seelen. Ihr, der Dienstgeberinnen, Einfluß und Beispiel wird daher immer auf ihre Untergebenen erhebend, oder niederdrückend einwirken.

Die unzähligen kleinen Verdrüßlichkeiten und Neckereien, denen eine Hausfrau ausgesetzt ist, macht es ihr zur unumgänglichen Noth­wendigkeit, daß sie vollkommen über ihre Gemüthsstimmung Herr zu sein lerne; denn sie muß große Nachsicht haben in Betreff dessen, was Recht oder Unrecht ist. Sie hat mit unbändigen Gemüths­arten zu thun, gegen starke Eßlust Nachsicht zu haben; sie muß über grobe Anmaßung und allen Mangel an Selbstbeherrschung hinweg­sehen, oder dieselbe klug zu bekämpfen verstehen lernen. Die Dienst- geberin sollte ihren Dienstboten stets freundliche und sorgsame Beleh­rung über Das ertheilen, was recht ist; denn es ist verkehrt, wenn Hausfrauen erwarten, daß ihre Dienstboten ohne allen Fehl sein sollten, da doch auch sie selbst nicht ohne Fehl und Unarten sind, obgleich sie das Glück genießen in besseren Verhältnissen zu leben.