Fabrikation der Spitzen.

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in Irland und England. Der national-ökonomische Werth derselben liegt aber besonders darin, daß sie Hände lohnend beschäftigt, welche anderer, schwererer Arbeit gar nicht gewachsen sind. 1855 beschäf­tigte die Fabrikation der Spitzen in Europa 1,250,000 Frauen und Kinder, und nahm von da an täglich zu. Es ist dies leicht be­greiflich, indem die Maschine immer mehr die Handarbeit in gröbe­ren Stoffen verdrängt, dagegen für die feineren gewisse Schwierig­keiten noch nicht überwunden hat; so bleibt die Verarbeitung der letz­teren mehr und mehr die einzige gewinnabwerfende Beschäftigung der zahlreichen Frauenhände, die besonders im Winter und auf dem Lande einen Verdienst durch Handarbeit suchen müssen. Die Spitzenindustrie schafft mehr als alle anderen mit geringerer Auslage einen verhält- nißmäßig großen Werth durch die Arbeit; sie kann von den schwäch­sten Händen geübt werden; sie kaun jeden Augenblick abgebrochen und wieder aufgenommen werden, und geht so neben den. Sorgen des Haushaltes und der Feldarbeit. Durch die große Ausdehnung, welche die Verfertigung der Spitzen gewonnen hat, die in Europa (1865) einen Werth von 150 Millionen erzeugte, hat sich der Gebrauch der Spitzen, der früher nur auf die reicheren Klassen beschränkt war, sehr verbreitet und kann, was die gewöhnlichen Sorten betrifft, kaum mehr Luxus genannt werden. Indessen ist diese hohe Verbreitung doch zum Theil auch den Maschinen zu verdanken. Erst nach unglaub­licher Anstrengung und Aufwand von Kosten und Zeit ist es gelun­gen, auch auf diesem Gebiete die Mechanik heimisch zu machen. Auch hier hatte man sich der Befürchtung hingegeben, daß durch die Er­findung der Spitzenmaschinen die Handarbeit vermindert würde. Aber gerade das Gegentheil hat stattgefunden. Denn einmal, sobald der­gleichen feine Arbeiten den Spitzenwebstuhl verlassen, sind sie noch nicht vollendet, sondern müssen einer Nacharbeit der Hand unter­zogen werden, damit die Umrisse der Dessins schärfer werden und besser hervortreten. Die hauptsächlichen Gegenstände dieser Fabri­kation sind: Shawls, Eebarpes, Mantilleu, Ballkleider, Kanten- taschentücher; auch gelingt es, echte Spitzen-Manufacte von Cantilly und Baveux täuschend nachzumachen. Dann aber ist in Folge der Wohlfeilheit der Maschinensätzen, die, wie eben gezeigt, nicht alle Handarbeit ausschließen, die Nachfrage nach ihnen ganz unglaub­lich gewachsen, während die echten mit der Hand gemachten Spitzen, als ein Vorrecht der Hohen und Reichen, sogar im Werthe stiegen. Nur müssen es weder die Arbeiterinnen, noch die Faktoren versuchen, durch minder gutes Material oder auch nur etwas nachlässigere Ar­beit ein Fabrikat zu produciren, das Frankreich, welches in dieser Beziehung auf das höchste darauf sieht, jede Verschlechterung der Waare zn verhindern, in den Stand setzt, den Vorrang zu gewinnen, und wodurch sich das deutsche Product in Mißcredit setzen und den behaupteten Rang, einmal verloren, vielleicht auch nie wieder zu erringen im Stande sein würde.