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Die Tapeten-Fabrikation.

Anfangs mußte man die gewöhnlichen zu Tapeten bestimmten Papicrbogen in der Länge, wie man sie zur Bekleidung der Zimmer­wände bedurfte, Bogen an Bogen mit Kleister zusammenkleben, und waren sie auch nur einfach gefärbt. Später erst versah man diesel­ben mit Dessins, Blumen, Ornamenten und selbst Landschaftsstücken. Hiebei ahmte man das Verfahren des Tiinchners nach, indem man auf das Papier Patronen legte, welche aus Kartenpapier ausgeschnit­ten waren und schließlich mit einem in Farbe getauchten großen Pin­sel darüber hinfuhr. Dies wurde mit jeder Farbe wiederholt, bis das Muster vollendet war. Wenn auch auf diese Weise die Waare immerhin ziemlich gut ausfallen konnte, so erwies es sich doch vortheilhafter, das damals bereits in der Kattundruckerei eingeführte Verfahren an­zunehmen, wie eS als Handdruck mit erhaben geschnittenen Figuren der Brauch war. Das natürliche Geschick der Franzosen, sowie der allgemein verbreitete Luxus in Frankreich und Paris insbesondere, steigerte rasch diesen Fabrikationszweig zu hoher Vollkommenheit. Die spätere Fabrikation des endlosen oder Maschinen - Papieres und seine Anwendbarkeit zu Tapeten ermäßigte auch allmählig die Preise derselben, und so war Frankreich bis noch vor kaum 2530 Jahren nicht blos für seinen eignen Bedarf, sondern für überall hin der Lie­ferant dieses gesuchten Artikels und beschäftigte in seinen Papier- Tapetenfabriken zu Lyon und Paris Tausende von Arbeitern. Erst nach langen Kämpfen hob sich langsam die Tapetenfabrikation auch in Deutschland zu einer anerkennenswerthen Höhe und reifte her­an, um eine ehrenvolle Concurrenz mit Frankreich bestehen zu können.

Der Verbrauch von Tapeten hängt zunächst von der Entwicklung des häuslichen Sinnes und den Gebräuchen des Volkes ab. Der Engländer tapeziert sein Haus von unten bis oben; nicht nur Sa­lons «und Wohnzimmer, sondern auch Gänge und Treppenhaus. Die Consumtion von Tapeten und folglich auch die Produktion ist dort demnach ungeheuer groß. Nicht viel geringer stellt sich die Erzeu­gung in Frankreich. Dort ist zwar der Lokalverbrauch nicht so be­deutend, wie in England; aber es spielt die Ausfuhr eine höchst bedeutende Rolle. Ungefähr das gleiche Verhältniß kann für Deutsch­land angenommen werden, und es sind in der That vorzugsweise diese drei Länder, welche in der Tapetenmanufactur mit einan­der in Concurrenz stehen. In Oesterreich beschränkt sich die Ver­wendung nur auf größere Städte. In die Wohnungen des Mit­tel- und Arbeitsstandes haben sie bisjetzt nur wenig oder gar nicht Eingang gefunden; denn die Wände der inneren Wohnräume erhal­ten ihre Ausschmückung noch heute zumeist durch die Hand des Zim­mermalers (wovon im Abschnitte XII. die Rede sein wird).

Die Farben für Tapeten sind meistens Mineralfarben; doch wendet man bei ihnen auch Cochenille, Fernambuk, Campecheholz, Bcrlinerblau rc. an. Um den Abkochungen der letzteren Körper Deckung zu geben, rührt man Weizenstärke daran. Das Bindemittel