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Lage nachzudenken. Ich sah keinen Ausweg, unserer Geldnot!) ein Ende zu machen. Da kam mir der Gedanke, den Pascha um Geld anzugehen. Ich entwarf eine Bittschrift, stellte ihm meine Verlegenheit vor, schilderte die Schlechtigkeit der Europäer und bat ihn schließlich, mir auf vier Monate fünftausend Piaster zu leihen. Bis dahin hoffte ich vom Hause Geld zu erhalten und meine Schuld tilgen zu können. Nachdem ich die Bittschrift in's Arabische übersetzt hatte, sandte ich sie durch Aali-Arha dem Pascha zu. Noch denselben Tag erhielt ich Antwort. Nach türkischem Gebrauche hatte der Pascha sogleich auf der Rückseite desselben Papieres, welches ich ihm zugesandt hatte, eine Verordnung an den Schatzmeister der Mudinc erlassen. Sie enthielt ungefähr folgende Worte:
„Wir haben das Gesuch des Deutschen, Chalihl-Essend!, zu genehmigen beschlossen und befehlen Euch, ihm fünftausend Piaster ohne Zinsen auf vier Monate vorzustrecken. Laßt Euch von ihm einen Empfangsschein geben. Sollte der Herr aber nach Verlauf der vier Monate noch nicht im Stande sein, das ihm geliehene Geld an die Kasse der Regierung zurückzuzahlen, so sendet uns seinen Empfangsschein zu und rechnet unö die Summe von fünftausend Piastern auf unsre Appanagen; wir werden das Weitere dann verordnen."
Diese wahrhaft königliche Handlungsweise des Pascha bedarf weiter keines Kommentars. Ich ging zu ihm, um ihm zu danken. Er empfing mich mit den wie ein Vorwurs klingenden Worten: „Es war Unrecht von Dir, Chalihl-Effcndi, daß Du mir Deine Verlegenheit nicht schon früher angezeigt hast; ich würde sie längst beendet haben, denn auch ich bin ja in der Fremde."
Mit wahrer Freude rüstete ich mich jetzt zur Reise nach dem oberen Laufe des blauen Flusses. Statt der siebenhundert Piaster, welche ich für Nikola Ulivi's Barke geben sollte, bezahlte ich jetzt dreihundert für eine andere, welche durch ein Zelt von Strohmatten für unsre Zwecke gut genug hergerichtet wurde. Unser jetziges Fahrzeug übertraf die Dahalüe Ulivi's an Größe. Schon nach wenigen Tagen waren wir reisefertig; unser Schiffsvolk war williger und dienstfertiger, als das im Solde jenes Gauners stehende.