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feln, daß auch dcm Erzeuger dieses Schmuckes dasselbe Glück zu Theil wird. Das menschliche Geschlecht ist leider ein sehr undankbares; gewöhnlich nimmt es die Gaben, ohne sich um den Geber viel zu kümmern. Unter Letzteren verstehe ich in diesem Falle nun zwar keinen gütigen Vater, keine zärtliche Mutter, freundliche Tante, keinen freigebigen Onkel, Vetter u. s. w. u. s. w., sondern nur einen schlichten Vogel; aber die Dankbarkeit, scheint es mir, darf sich auch auf einen solchen ausdehnen. Man muß nur bedenken, wie sehr der Vogel geplagt und wie Viel ihm geraubt wird, um die schönen Europäerinnen zu schmücken; man muß wissen, daß in Indien der Marabu — von dem es, beläufig bemerkt, mehrere Arten gibt — zahm gehalten und durch Ausrupfen seiner Zierfe- dern systematisch zum Erzeugen neuer Federn gezwungen wird und muß erwägen, daß wir Grausamen den Marabu des Sudahn, Doptoptilus erumonikor genannt, erst todtschossen, bevor wir ihm seine Federn rauben konnten.
Nachdem ich mich so des Mitleides aller marabufedertragenden Damen versichert habe, will ich ihnen den Vogel selbst vorstellen. Er ist nicht gerade liebenswürdig, noch weniger schön, aber mindestens originell. Bezüglich seiner Gestalt ähnelt er einem Storch; allein er ist weit größer und jedenfalls häßlicher als dieser, sein Hals und Kopf sind unbefiedert, erster ist mit einem mächtigen Kropfsack, letzterer mit einem ditto Schnabel versehen; sein Gefieder ist auf dem Rücken grünlich-blau, auf der Brust und allen übrigen unteren Partiten weiß gefärbt, ebenso erscheinen die eigentlich schwarzen Beine, welche der ziemlich unreinliche Gesell beständig mit einer weißen Kruste bedeckt. Der Schmuck unserer Damen sind die Un- tcrschwanzdcckfedern. Will man sich ein treues Bild von ihm machen, so darf man nur an einen Schneidergesellen denken, welcher des Sonntags Nachmittags in blauem Frack, weißer Weste und Nankinbcinklcidcrn im Freien herumstolpcrt und, um sein wunderliches Costüm zu krönen, ein rothes Käppchen auf dem trotzig erhobenen Haupte trägt. Die Phantasie braucht der Wirklichkeit dabei gar nicht Viel zu Hülse zu kommen; jede gute Abbildung schon ruft jenen Eindruck in uns hervor. Die Achnlichkeit seines blauen