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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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Thiere schon am vorigen Tage seine Last abnahm und es ledig ne­ben den befrachteten Lastthieren einhergchen ließ, den Nil nicht mehr, ^ sondern brach vollkommen entkräftet aus Nimmerwiedcraufstehen zu­

sammen. Sein Herr läßt es, nachdem er mit nicht verhehltem Kummer über den durch seinen Tod erlittenen Verlust von ihm ge­schieden ist, unberührt liegen, weil seine Religion ihm verbietet, das Geringste von einem gestorbenen, nicht unter den üblichen Ge­bräuchen gctödtetcn Thiere zu verwenden.

Mich wundert, daß die zur Nachtzeit heulend auf Raub aus­gehenden Hyänen das leckere Aas nicht fanden; am folgenden Morgen liegt das Kamel noch unzcrfleischt auf seinem fahlen Ster­bebette. Es ist kühl und still am Morgen in der Wüste; erst kurz vor Sonnenaufgang beginnen die Steinschmätzer und Wü­st enlerchen ihren Gesang. Dem Aase dort einen Todtengesang? Warum nicht!

Schon ist der Leichnam in Fäulniß übergegangen; die Todtcn- starre ist vorüber, die Augen liegen tief in den Höhlen, die Ober- ^ haut beginnt sich hier und da zu lösen, aus Mund und Nase fließt

eine übelriechende Feuchtigkeit. Im Innern der Höhlen gährt und braust es, die Stoffe verlassen ihre alten Verbindungen, um neue einzugehen; frei gewordene Gase haben den Leib hoch auf- gctriebcn und scheinen sich einen Weg nach Außen bahnen zu wol­len, um ihren giftigen Hauch weithin zu verbreiten.

Da erscheint mit den ersten Strahlen der Morgensonne am Horizonte ein Rabe. Seine weiße Brust schimmert uns schon von Weitem entgegen und läßt uns einen alten Bekannten erkennen: es ist der 6orvus seapulatlw. Er scheint das Aas schon wahrge­nommen zu haben, denn er schreit und nähert sich mit rascheren Flügelschlägen, kreist einige Male um das gefallene Thier herum, senkt sich dann herab, schwingt sich ein Wenig nach Vorn und Oben und betritt, seine Flügel zusammenlegend, in nicht allzu großer Entfernung von demselben den Boden; hierauf nähert er sich * ihm rasch und umgeht es mehrere Male langsam mit bedächtigem

! Spähen. Ein Wüstenrabe (6orvus umbrinus,

folgt ihm bald nach und gesellt sich zu ihm; von beiden Arten