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Handelspolitische und Yolkswirthschaftliclie Bedeutung.

Die sub ad angeführten vier Linien sind die natnrgemässen Ergänzungen der im Betriebe befindlichen Nordwestbalmlinien.

Die Bahn am rechten Elbeufer setzt die Hauptlinie Wien-Kolin nicht nur bis zur Landesgrenze fort, sie bringt dieselbe auch in unmittelbaren Verkehr mit dem wichtigsten böhmischen Wasserwege, der Elbe, und erschliesst bei Aussig dem ausgedehnten und mächtigen Dux-Teplitzer Braunkohlen­gebiete einen neuen Transportweg.

Die Lisa-Prager Zweigbahn wird das Bindeglied für alle Linien der Oesterr. Nordwestbahn mit der Landeshauptstadt Prag sein.

Der Transport aus dem Norden, wie aus dem verkehrsreichen Elbethal, der Kohlentransport aus dem Aussiger Becken, wie der Verkehr aus dem Riesengebirge und der aus Preussiseh-Schlesien, endlich die Transporte der Wien-Jungbunzlauer Hauptlinie werden die Lisa-Prager Balm zu einer der frequentesten und wichtigsten des ganzen Netzes machen.

Die Linie Wildenschwert mit ihrer Verbindung in der Lichtung nach Prag über Chlumetz vermittelt den Verkehr mit den Glatzer und oberschlesischen Steinkohlengruben, deren Reichthum im Vereine mit den oberwähnten Braunkohlen des Erzgebirgsbeckens und den Kohlenmengen des Waldenburger und Schatzlarer Kevieres ausreichen wird, dem so riesig gesteigerten Kohlenver­brauche mehr als zu genügen und hiedurch die allgemeine Production und den Transport zu heben.

Diese Linie bietet daher eine unabhängige, directe Verbindung für den polnisch-russischen Ver­kehr mit Böhmen und eröffnet endlich eine neue directe Verbindung mit Breslau und den Ostseehäfen.

So vervollständigt, bildet die Oesterr. Nordwestbahn ein Verkehrsnetz, welches auf die directeste Weise Oesterreich mit dem nördlichen und nordwestlichen Europa in Verbindung bringt.

Wenn man dazu erwägt, welch ungeheuren Aufschwung die Industrie Böhmens in den letzten Jahren genommen hat, wenn man erwägt, dass in der letzten Campagne 1870/71 eine grosse Anzahl neuer Zuckerfabriken in Betrieb gekommen sind, wenn man endlich die entwickelte Woll- und Leinen-Industrie, die vorhandenen Fabriken aller Art, die dichte Bevölkerung mit in Betracht zieht; so wird man auch die Erwartung eines bedeutenden Localverkehres auf diesen Linien wohl begründet finden.

Die Oesterr. Nordwestbahn, durch die neuen Linien ergänzt, wird bei so günstigen Verhält­nissen gewiss eine der bedeutendsten Verkehrsadern des Continents darstellen, sie wird die wirth- scliaftliche Entwicklung in ungeahnter Weise fördern und so die Hoffnungen auf eine blühende Zukunft voll und ganz rechtfertigen.

Beschreibung und Hotivirung der Trace.

I. Elbethalbahn Nimburg-(Tetschen)-Mittelgrund und Verbindung mit Prag.

Die natürlichste Fortsetzung der Hauptlinie der Oesterr. Nordwestbahn ist eine Linie durch das Elbethal. Die Wahl der Trace im Grossen und Ganzen war daher für diese Linie von vornherein gar nicht zweifelhaft; dagegen boten sich bei der Festlegung der Trace im Detail mannigfaltige und nicht selten grosse Schwierigkeiten dar, nicht sowohl in technischer, als vielmehr in Beziehung zu der an dem Zustandekommen der Bahn interessirten Bevölkerung, deren Wünsche oft mit dem Haupt­zwecke des Unternehmens nicht zu vereinigen waren.

Ein Hauptaugenmerk war darauf zu richten, dass die Linie um ihrer Concurrenzfähigkeit willen möglichst kurz werde und dabei thunlichst günstige Richtungs- und Steigungsverhältnisse erhalte.

In Anbetracht dessen war es auch nicht durchführbar, dem Laufe des Elbeflusses überall zu folgen, sondern es war geboten, dessen AVindungen so viel als irgend möglich abzuschneiden.

Günstige Gelegenheit hiezu gab das Terrain zwischen Nimburg und Aleinik und zwischen Wegstädtl und Leitmeritz.

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