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Nähterinnen im Allgemeinen.

tischer Anwendung gebracht. Es muß aber auffallen, daß die Ver­fasserin des Buches, das dem unsrigen zu Grunde liegt selbst in dem Lande wohnend, in welchem die Nähmaschine nicht nur erfun­den, sondern auch in so großartiger Weise zu praktischer Anwendung gelangte, und sich der überraschendsten Erfolge zu erfreuen hatte zu einer gerechten Würdigung dieser Erfindung nicht nur nicht gelan­gen konnte, sondern sich geradezu feindlich gegen dieselbe aussprach. Eine von ihr mehrfach gegen Einführung neuer Maschinen überhaupt, und auf die Nähmaschine insbesondere bezogene Behauptung ist: Daß durch die Maschinen viele Arbeiterinnen ihren Broderwerb verlieren müßten. (Mio 86win^ mueliine Ka8 eertrrinl^ tdroxvn WOM6N out ok em^Io^ment..)" Und gern reproducirt sie den von einer Freundin gemachten Ausspruch:Als die Nähmaschine erfunden wurde, behauptete man, neue Erwerbsarten werden bei der Einführung derselben den Arbeiterinnen geschaffen werden; aber nun ist es schon acht Jahre her, und ich habe noch von keiner einzigen solchen neuen Erwerbsart gehört." Wenn das Vorurtheil gegen die Nähmaschine solche Gewalt hatte in Amerika, mitten in den Thatsachen und handgreiflichen Erfolgen nicht sehen zu lassen, wie kann man sich dann darüber wundern, wenn dasselbe ungerechte Vorurtheil auch jetzt noch in Deutschland besteht, wo man über neue Erfindungen und über Maschinen überhaupt mit einer kindlichen, fast naiven Befangenheit denkt? Freilich, die Zudringlichkeit man­cher Nähmaschinenhändler, noch mehr aber die gewinnsüchtige und gewissenlose Pfuscherei deutscher Speculanten hat die Nähmaschine gleich von Anfang an in solchen Verruf gebracht, daß redlich und aufrichtig gebotene Belehrung nicht angenommen ward. Man ver­ließ sich auf seinen Eigendünkel, erhielt für theures Geld schlechte, unbrauchbare Waare, und unterstützte dadurch die Pfuscher zum Ge- meinschaden Aller. Und wenn es in Deutschland etwa vorgekom­men sein möchte, daß die Nähmaschine den armen Nähterinnen den Segen nicht gebracht hätte, den sie sonst in ihrem Geleite mit sich führt, so ist nicht die Maschine, sondern dann ist die schmutzigste Selbstsucht habgieriger und gewinnsüchtiger, herz- und gewissenloser Menschen daran schuld, die als Zwischenhändler vom Schweiße der ärm­sten aller Arbeiterinnen zu prassen pflegen, oder es trägt auch die Ge­danken- und Herzlosigkeit von Frauen selbst daran die Schuld, welche den armen Nähterinnen den schwer und sauer verdienten Lohn ent­weder lange vorenthalten, oder gar davon noch abmarkten.Am schlimmsten bedrücken sagt Carl Reclam in seinem BucheDes Weibes Gesundheit und Schönheit" die Frauen ihr eigenes Geschlecht. Dieselbe Frau, welche über das Elend ihrer ärmeren Mitschwestern tief gerührt ist, sobald man ihr davon erzählt, handelt doch in der nächsten Stunde einer armen Nähterin mit weiblicher Sparsamkeit einen Silbergroschen ab, ohne zu bedenken, wie wenig ihr, wie viel den Armen Ein Silbergroschen ist. Dieselbe Hand,