Nähterinnen im Allgemeinen. Ueber Nähmaschinen-Nähterei. 81

welcher Arbeit sie sonst ihren Lebensunterhalt erwerben könnten. Denn nicht nur, daß das Angebot der Handncihterei so stark ist und dadurch die Arbeit schlecht bezahlt wird, sondern sie ist auch eine der unge­sundesten Beschäftigungen.

Die armselige Ablöhnung sagt Frau Penny und die zerrüttete Gesundheit der meisten Nähterinnen wirft auf diejenigen Personen, welche von deren Arbeit Profitiren, einen dunklen Schatten. Denn die Mehrzahl der Handnähterinnen konnte nie so viel Zeit gewinnen, etwas auf sich selbst zu wenden. Die Armen, welche von den 24 Stunden des Tags 1214 Stunden mit anhaltendem Nähen zubringen mußten, und die dann müde und ermattet weder Freunde noch Verwandte besaßen, auf deren Schutz und Theilnahme sie bauen konnten, die oft, geschwächt durch mangelhaften Lebensunterhalt, erkrankten, wie hätten solche bedauernSwcrthe Geschöpfe Lust und Muße für Geselligkeit und geistige Ausbildung finden sollen, finden können?

Das gebückte Sitzen und der Aufenthalt in eingeschlossener, meist verdorbener Lust, schadet der Gesundheit der Nähterinnen sehr. Bor Allem leidet hiedurch der Magen und deßhalb entstehen auch blasse Gesichtsfarbe, mangelhafte Verdauung, Verstopfung, Koliken rc. Noch schädlicher ist natürlich das Verarbeiten von Stoffen, mit giftigen Materialien gefärbt, sowie oft die Ausbesserung alter Kleider durch darin befindlichen ansteckenden Krankheitsstoff. Vorbeugungsmittel sind unter Anderem: Gehöriges Reinhalten und Lüsten des Zimmers, in welchem gearbeitet wird, häufiges Waschen und Baden, Vermeidung schwer verdaulicher Nahrungsmittel, und körperliche Bewegung. Auf die Vermeidung der üblen Angewohnheit mancher Nähterinnen, den Nähfaden abzubeißen und im Munde zu verkauen, sollte streng gehalten werden, da bei der Fabrikation desselben, namentlich der Nähseide, oft dem menschlichen Organismus schädliche Materialien angewendet werden.

35. Ueber Nähmaschinen-Nähterei >im Allgemeinen. Das Nähen mit der Hand ist eine Arbeit von so rein mechani­scher Natur, daß der Ersatz derselben durch eine Maschine ein sehr nahe liegender Gedanke schien. Dennoch ward die Erfindung prak­tisch brauchbarer Nähmaschinen erst der jüngsten Zeit vorbehalten, und die Geschichte dieser Erfindung zeigt, welch große Kluft zwischen der bloßen Idee, die Bewegung der Menschenhände beim Nähen nachzuahmen, und zwischen der wirklichen Durchführung derselben lag. An einer andern Stelle wollen wir mehr von dieser Erfindung des Amerikaners Elias Howe sprechen.

Traurig ist es in der That, daß gegen die Nähmaschine noch so viel Vorurtheil herrscht. Herr I)r. Herzberg, Civil-Jngenieur, hatte sich in einer kleinen Broschüre:Die Nähmaschinen-Jndustrie" zuerst an die verdienstvolle Arbeit gemacht, diese Vorurtheile zu zer­streuen, und aus derselben Absicht, gründliche Belehrung über diese

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