Die Strumpfwirkerei.

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Sully und ging nach Frankreich, wo er in Rouen ein großartiges Geschäft errichtete. Allein nach der Ermordung Heinrich IV. wurde nicht nur die ihm von der Regierung gewährte Unterstützung entzo­gen, sondern hatte er als ein Fremder u. s. w. Haß und Verfolgung zu erdulden. Zn der größten Armuth und vom tiefsten Kummer verzehrt, starb er in Paris. Nach seinem Tode verbreitete sich die Anwendung des Strumpfwirkerstuhlrs sehr schnell über England, Frankreich, Spanien, die Niederlande und Deutschland. 150 Jahre nach Lee's Erfindung ward dieselbe mittelst verschiedener angebrach­ter Vorkehrungen zur Erzeugung von spitzenartigen Geweben tauglich gemacht, und bahnte einer Menge scharfsinniger Verbesserungen und einer großen Ausbreitung des Geschäftes den Weg.

Der Wirkstuhl enthält eine Menge horizontaler Nadeln mit um­gebogenen flachen Spitzen. Auf diese werden die Fäden gelegt und dann kommen durch den Fußtritt mehrere Theile der Maschine, die Platinen, die Presse, die Mühle, die Unden u. s. w. in geordnete Thätigkeit. Sie biegen den Faden um die Nadeln, damit er die Maschen bilde; sie richten dann die Maschen genauer aneinander; sie werfen die Maschenreihe so ab, daß sie mit den Fäden in Ver­bindung bleibt, woraus neue Maschen gebildet werden u. s. w.

Die Strumpfwirkern bringt ganz ähnliche Produkte zu Stande, wie das Strumpsstricken mit der Hand oder an der Maschine. Von den gewobenen Strumpswaaren unterscheiden sich aber die gewirkten durch den hohen Grad ihrer Elasticität, welche es ermöglicht, gerade­zu ganze Kleidungsstücke herzustellen, welche sich genau an den Kör­per anschmiegen. Das Material, aus welchem Strumpfwirkerei- Waaren hergestellt werden, ist Baumwolle, Schaafwolle, Leinen, Seide u. dergl.

Frauenspersonen finden in der Strumpfwirkerei vielfältigen Er­werb mit Besorgung der dabei vorkommenden Hand- und Maschinen- Näharbeit, dem Säumen und Einfassen der Waaren, Aufziehen auf Formen u. dergl. Auch an dem Wirkstuhle selbst sollen sie mit be­schäftigt sein. Männlichen Arbeitern werden sie schon deshalb auch vorgezogen, weil sie die Waaren mit mehr Rücksicht auf deren Rein- licherhaltung handhaben. Kinder finden hier Beschäftigung mit Garnwinden.

Was den Stand dieses Jndustrieartikels in Amerika betrifft, so wird derselbe bis jetzt nicht gar sehr stark betrieben. Hauptsäch­lich ist der Mangel an geschickten Arbeiterinnen und der verhältniß- mäßig hohe Arbeitslohn daran schuld. Deshalb wurden, wenigstens bis zu der Zeit vor dem Bürgerkriege, dortselbst Strumpfwirkwaa- ren meistens importirt, und standen die Preise derselben so niedrig, daß die beimische Industrie dagegen gar nicht auskommen konnte. Die meisten Strumpfwirkerwaaren werden in Amerika zu Germantown Producirt, einer durchaus von Deutschen bewohnten, von Deutschen gegründeten Vorstadt Philadelphia's, die ihre eigene Municipal-Ver-