Teppichfabrikation.

285

Flor und bedecken dadurch gänzlich den nur auf der Rückseite sicht­baren Grund. Ist der Sanimtflor dabei kurz und ungeschnitten, so heißen sieausgezogene" oder Brüsseler Teppiche; die mit längerem, aufgeschnittenen Flor abergeschnittene", Plüsch- oder Delourteppiche. Hiezu gehören auch die türkischen geknüpften oder Savonnerie- Tcppiche, von denen in einem eigenen Artikel die Rede sein wird.

In O. Spamer'sNeuestem Buche der Erf. u. Gew." sind die Teppiche eingetheilt:

1) In Teppiche aus einfachem Gewebe, wie die gröberen Fuß- deckenzeugc und die Tvroler Tisch- und Fußteppiche, zu denen man jetzt auch Jutegarn und Cocoöbast zu verwenden anfängt;

2) in englische Teppiche (Kritik eurpet^);

3) Teppiche in Kettendruck. Diese brittischen Teppiche bilden eine vervollkommnete Nachahmung der sog. venetianischen Teppiche.

Gestatten wir uns nun, den Katalog der letzten Londoner Aus­stellung in der Hand, eine Uebersicht über diesen Industriezweig, so fällt uns vor Allem Ostindien auf, welches wunderbare Kleider­stoffe liefert, worunter auch Teppiche und Matten inbegriffen sind. Man kann nichts Zarteres, Feineres und dem Auge Wohlgefälligeres sehen, wie die mit reicbfarbigen Blumen und Gold gestickten persi­schen Gewebe, diese Shawls, Turbane, Sarongs, Schleier rc. aus Bokkara, Assam, Bangalore, Umritsur, Lahore. Der Kunstsinn, die große Fingerfertigkeit und unglaubliche Geduld des Hinduvolkes tritt auch bei diesen reizenden, oft nur mit den einfachsten Hilfsmitteln erzeugten Stoffen auf das deutlichste hervor. Am ausgedehntesten unter allen europäischen Industriestaaten ist die Teppichfabrikation in England. Gewohnheit und klimatische Verhältnisse haben dort den Gebrauch von Teppichen in Zimmern, Hausfluren, Gängen und auf Treppen zu einem allgemeinen, bis in die unteren Volksklassen rei­chenden gemacht (ebenso in Amerika); und diesem Consum entspricht die Fabrikation, welche vollständig in den Charakter aller anderen englischen Industriezweige, nämlich der Massenproduktion, übergegan­gen ist. Der mechanische Webstuhl, wesentlich verbessert, leistet jetzt das sechsfache des Handstuhls, der nur mehr für größere Tep­piche, wo das Muster nicht so oft wiederkehrt, angewendet werden kann. Das Aufdrucken des Musters auf die Kette, ja sogar auf den bereits gewebten Stoff, wird mit so großer Fertigkeit gethan, daß der Preis derjenigen englischen Teppiche, welche in jene Katego­rie gehören, vor allem aber der zusammengesetzten und der Laustep- piche sehr niedrig steht und von keinem anderen Fabrikationslande erreicht wird, daß anderseits aber die höhere Kunstweberei in diesem Artikel nur als Seltenheit vorkommt. In Frankreich dagegen ist gerade das Umgekehrte der Fall. Die der französischen Industrie anhaftende Richtung ist, den Geschmack bis zur möglichst hohen Stufe auszubilden und zum Ausdruck zu bringen. Daher das Streben nach Erzeugung feiner Waaren mit Aufwand aller künstle-