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Teppichfabrikation.

gierung der letzten Valois machte die Kunst der Teppichfabrikation nur geringen Fortschritt. Als aber Heinrich von Navarra als Hein­rich IV. den Thron Frankreichs bestiegen hatte, wandte er diesem Industriezweige seine ganz besondere Aufmerksamkeit zu und rief flamländische Künstler nach Frankreich, um dort in seinen Gobelins flandrische Teppiche zu bereiten. Unter Heinrich IV. wurde auch die berühmte Savonnerie angelegt, in welcher man die noch heute moder­nen prachtvollen sog. persischen Teppiche bereitete, und welche später die Gobelins überstrahlten. Durch die Revolution wurde diese Fabrikation unterbrochen. Aber die Restauration brachte eine Ver­bindung der Gobelins mit der Savonnerie zu Wege, welche eigent­lich keinen Industriezweig bildet, sondern nur, vereinzelt dastehend, Kunstwerke für exklusiven Gebrauch schafft. Bemerkt verdient hier noch zu werden die Theorie des Herrn Chevreuil, unter dessen Leitung die Gobelins - Manufaktur steht. Er nennt die 3 Grund­farben roth, gelb und blaumännliche Farben", und stellt mit diesen die "weiblichen" her, d. h. violet aus roth und blau, grün aus blau und gelb, orange aus gelb und roth. Diese sechs Grund­farben in der präparirten Wolle liegen in Streifen neben einander und zwischen jeder Sorte zwölf Farbenabstufungeu, die den Ueber- gang bilden. In der ersten Abtheilung, die zum gelb übergeht, be­finden sich 72 Farben; die zweite Abtheilung ist die blaue, die dritte die rothe. Es sind in jeder Farbe 20 Tonarten und mithin bat das Laboratorium nicht weniger, als 12,960! verschiedene Nuancen in den Farben.

Von Frankreich aus wurde die gewerbsmäßige Verfertigung von Teppichen einige Jahrhunderte später in England und Flandern auf­genommen. Und in unserer Zeit hat sich die WoUenfabrikation der Teppichmanufactur bemächtigt. Man theilt die Teppichfabrikate zu­nächst ein in:

1) Axminster-Teppiche, aus Einem Stücke, und meist dort ver- verfertigt, gewebt oder vielmehr gewirkt.

2) Venetianische Teppiche zum Belegen von Treppen, Vorhäu- sern, Vorsälen; meist ein einfach gestreiftes Muster, und auf dem gewöhnlichen Webstuhl gefertigt.

3) Brüsseler Teppiche, jederzeit nureinseitig" aus Leinen, und nur die Verzierungen mit farbiger Wolle.

4) Genfer Piüschteppiche sind nur, so weit es die linke Seite des Teppichs betrifft, eine Abänderung der Brüsseler. Die rechte Seite ist jedoch durch ihr sammetartiges Aussehen von der linken Verschieden.

Die beiden letzteren Klassen nennt man auch Sammtteppiche; sie besitzen auf der rechten Seite geschnittenen oder ungeschnittenen

*) So hieß die k. Fabrik der nach ihrem Erfinder genannten, berühmten Ta­peten (siehe S. 278.)