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Ackerbau.
2) Sehen wir dann die Hirtenvölker im Umgänge mit der Natur und den Menschen nomadisch von einer Statte zur anderen ziehen. Das planlose Umherschweifen der Jäger und Fischer wird zur geselligen Ordnung.
3) Durch den Ackerbau endlich wird das Verhältniß des Menschengeschlechtes zur Natur und Menschheit ein noch innigeres. Das Nomadenzelt wird zum Hause, der Weideplatz zur Heimath. Die rohe Freiheit der Jäger und der Hirten unterwirft der Ackerbauer dem Gesetze; denn der Besitz bedarf der Sicherheit und des Schutzes. Aber dafür befreit er sich von der Abhängigkeit, in denen die Jäger und Fischer zur Natur standen; er beherrscht ihre Kräfte und tritt mit ihr in das Verhältniß des gegenseitigen Gebens und Empfangens. Der Pflug, so unvollkommen er auch am Anfange war, wurde das Friedensschwert, mit welchem der Mensch die Natur besiegte.
4) Endlich wird die Landwirthschaft durch den Handel und die Industrie zur Volkswirthschaft erhoben. Die Menschenfamilie wird zur Staatenfamilie, die Erfahrung zur Wissenschaft, der Ackerbauer zum Fabrikanten und Kaufmann; die Natur durch den Boden, der Mensch durch die Arbeit, und die Industrie durch das Kapital vollenden in der Vereinigung ihrer Kräfte das kulturgeschichtliche Bild der Menschheit auf dem Boden der Gegenwart»
Das Hauptproduct des Ackerbaues ist zunächst das Getreide (die Cerealicn). Der Charakter der Unentbchrlichkeit sichert ihm seinen Einfluß auf den Handel und den Werth der Dinge, und das fortlaufende, nie unterbrochene Bedürfniß macht es zum sichersten Maßstabe des letzteren und zum stabilen Gegenstände für den Verkehr. — Die vier Elemente des Getreides sind Weizen, Roggen, Gerste und Hafer. Sie repräsentiern hinsichtlich ihrer Natur, ihrer Ansprüche, ihrer Neigungen und ihrer Bestimmung gewissermaßen die Aristokratie, den Bürger-, Handels- und Bauernstand und sind, wie diese Elemente der Gesellschaft mehr oder minder überwiegend und angesehen. — Diesen folgen:
1. Der Mais, aus Mittclamerika stammend. Derselbe wird insbesondere in den Ver. Staaten von Nordamerika in ausgedehntem Maßstabe gebaut und verwendet, und sein Anbau ist ebenso in Europa: in Spanien, Italien, in der Levante, Ungarn und Galizien stark, und erstreckt sich seine Cultur auch über Tyrol nach der Schweiz (Aargau) und nach den Weingegenden. Man nennt ihn auch, da er von der Türkei aus nach Ungarn kam, „türkisches Korn", und weil er von Italien nach Tyrol und den Rheingegenden gelangte, „Wälschkorn". In Ungarn und Galizien wird er „Kukurutz" genannt, und in Amerika „Jndian-Korn", auch kurzweg „Korn". Der Mais ist an nährenden Bestandtheilen eben so reich als Weizen oder Roggen, und enthält überdies noch eine Quantität Oel, welche ihm eine mästende Eigenschaft giebt, d. h. den Fettansatz begünstigt.