Dokument 
Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
Entstehung
Seite
406
Einzelbild herunterladen

406

Der Hanfbau.

138. Der Hanfbau. Die Hanfpflanze gehört zu dem Nes- selgeschlechte. Sie wächst 515 Fuß hoch, je nach der Stärke des Bodens und der Länge des Sommers. Man betrachtet in der Land- wirthschaft die Bestellung mit Hanf als eine Reinigung des Feldes, da er alles Unkraut niederhält und den Boden für Getreide und Gras sehr rein und aufgelockert hinterläßt.

Der Hanf selbst besteht aus der Bastfaser der Hanfpflanze. Um diese Faser aber aus dem Stengel zu gewinnen, wird dieser allen Operationen unterworfen, welche bei der Flachsbereitung vor­kommen. Die Hanffaser aber, sie mag noch so sorgfältig gehechelt oder verfeinert worden sein, wird sie doch stets gröber, als die Flachs­faser bleiben. Der sich beim Hecheln ergebende Abfall wird Hede (auch Tars) genannt und besonders zum Kalfatern der Schiffe ver­wendet. Den Hanf muß man an einem trockenen, luftigen Ort aufbewahren, weil er sich leicht erwärmt und die Faser dann durch die Währung leidet oder sich selbst entzünden könnte. Die Hanf- gewinnung ist am meisten in Rußland zu Hause, wo der Hanfbau vom Landvolke in kleinen Gütercomplexen getrieben zu werden pflegt. Aus Rußland Pflegen alljährlich bei 800,000 Ctr. Hanf nach Eng­land , Frankreich und Holland ausgeführt zu werden. Den besten Hanf produciren Italien, das südliche Frankreich und das Großher- zogthum Baden. Auch Oesterreich, Preußen, Spanien, Portugal und der Kirchenstaat bauen ihn. Frankreich producirt jährlich 100 Mill. Kilogramm Hanf. Oesterreich (außer Ungarn und Siebenbürgen) 725,350 Ctr. (wovon 494,900 Ctr. allein auf Galizien treffen), Baden 116,286 Ctr. und Ungarn 100,000 Ctr. Besonders ist Südungarn der Sitz des Hanfbaues, während der Flachs mehr in den Gebirgsgegenden cultivirt wird. Auch der belgische Hanf ist ausgezeichnet. In Preußen, wo bei Königsberg, Danzig, Memel und Stettin Hanf gebaut wird, besteht eineGesellschaft zur Beför­derung des Flachs- und Hanfbaues" und desgleichen in Wien eine eigene Centralstelle zu gleichem Behufe. Auch der Hanfbau in Egypten ist so bedeutend, daß er exportirt. Der Hanf-Markt in den V. St. von Amerika ist sehr groß und kommt Hanf unter den Ge­webestoffen zunächst nach der Baumwolle. In neuester Zeit trat auch Neu-Südwales in die Reihe der Hanfproducenten, und zwar jener, welche von ihrem Erzeugnisse exportiern.

Der Hanf wird geradeso wie Flachs zu Garn versponnen, das sehr fest ist und hauptsächlich zu Gurten und einigen groben lein- wandartigen Geweben, wie Segeltuch oder Segelleinwand, Sack- und Packleinwand u. dergl. verwendet wird, so wie im Allgemeinen der Schlcißhanf der Seilerei als beinahe ausschließliches Material dient. Manillahanf kommt nur bei Herstellung von Luxusgegenständen, z. B. Jagdtaschen, Glockenzügen u. dergl. in etwas belangreicher Ver­wendung vor.