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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Samen, Kräuter rc. packen.

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8 Uhr Bonn. bis 9 Uhr Abends aushalten, erhalten aber auch Ex­trabezahlung für die über die gewöhnlichen Arbeitsstunden hinaus­gehende Zeit. Die Verf. erzählt von einem Verkäufer vonPflan- zen-Medizinen" in Boston, welcher Frauenspersonen damit beschäftigt, die Präparate in kleine Päckchen zu bringen oder in Gläser und Flaschen zu gießen und allenthalben die erforderlichen Etiketten auf­zukleben. Sie verdienen bei dieser Arbeit K 5. Männer aber, wel­che mehr fertig bringen, da sie die Materialien leichter her- und die vollendete Arbeit selbst wegschaffen können, bringen es bis auf S 8 bis K 9 pr. Woche. Frau Penny hat an dem Besitzer dieses Geschäftes einen rechten Murrkopf gefunden, der mit derFrauen­arbeit" gar nicht zufrieden sein will. Die Frauensleute, sagt er, würden gewiß mehr verdienen können, wenn sie auch nur stärker und kräftiger wären und nicht erst nöthig hätten, daß Männer ihnen das Nothwendige herbei- oder Hinwegtragen müßten. Auch wollen sie an regnigten Tagen lieber daheim bleiben, oder, wenn sie wirk­lich kommen, nimmt es einen halben Tag weg, bis sie ihre Kleidungs­stücke wieder trocken haben. Aber die Männer hindert das Wetter nicht. Frauensleute raisonnirt er weiter haben nichts als ihre physische Schwäche voraus (?), und die Mädchen taugen von ihrem 16. Jahre an besonders gar nichts mehr für die Geschäfte. Denn Neun unter Zehn werden sich verheirathen (die Glücklichen!), ehe sie sich in demselben nur etwas auskennen gelernt haben. Des­halb ist die Zeit, welche man darauf verwendet, eine Weibsperson für das Geschäft heranzuziehen, immer verlorene Mühe und Ver­schwendung. Sie könnten auch Bücher führen, meinte der Mann schließlich, wenn ihre Krinolinen nicht so viel Platz einnehmen würden; denn dies fatale Kleidungsstück hindert sie, hinter dem La­dentische stehen zu können.-Diesem mehr ergötzlichen und

harmlosen Originale, von dem die Verf. dies kleine Bildchen ent­wirft, hätten wir, leider, manch' anderes Portrait von Individuen entgegenzustellen, welche sich offen als Gegner derFrauenarbeit" aus- sprechen und mit blinder Feindseligkeit den Bestrebungen hierfür entgegentreten, und zwar hier in Deutschland, und aus der Mitte der Frauen selbst. Ja, es ist wahr, was Dr. Reclam in seinem Buche von desWeibes Gesundheit und Schönheit" (S. 259) sagt:Am schlimmsten bedrücken die Frauen ihr eigenes Geschlecht" (wenn auch meistens aus Gedankenlosigkeit). Und wie man den Satz so anwenden darf, daß er heißt: Am wenigsten wollen die Frauen dazu thun, daß ihren nothleidenden Schwestern, ja ihren nächsten Angehörigen, vielleicht ihnen selbst geholfen, oder Schutz gegen unvorhergesehene Fälle gegeben werde: davon könnten wir trau­rige Beweise liefern. Wie manche Frau geschweige junge, uner­fahrene Dinger rümpft die Nase, wenn sie den Titel unseres BuchesFrauen-Arbeit" liest und meint spitz, sie wisse schon selbst, was sie zu arbeiten habe und brauche nicht erst