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Das Papier.

brachten die Kunst, aus Baumwolle und Leinen Papier herzustellen, im 11. Jahrhundert nach Spanien. 1719 wies Reaumier, ein französischer Gelehrter, nach, daß man Papier aus Hol; und Hor- nissennestern machen könne; 1734 Seba, ein belgischer Naturfor­scher, aus Seegras; 1752 M. Guettard, in Frankreich, aus Rinde, Holz, Baumblättern und verschiedenen Pflanzen; 1756, als die leinenen Lumpen selten wurden, fabricirte man in Deutschland Papier aus Stroh. Im Jahr 1772 gab Christian Schaffet aus Regensburg ein Buch heraus, welches auf 60 Mustern von Papier gedruckt war, deren ein jedes aus anderem Material gefertigt war, z. B. aus Hornifsennestern, Sagmehl, Moos, Buchenholz, Espen, Maulbeerbaum, Fichten, Hopsenranken, Hanf, Aloeblättern, Gersten- und Weizenstroh, Besenkorn, Dicstelstengeln, Seetang u. s. w. Doch kann Papier aus Baumwolllumpen am billigsten und leichtesten her­gestellt werden; denn diese können am besten in einer hiezu passenden Masse verwendet werden. In Oesterreich fabricirt man Papier aus der Faser des Maiskorns, und der umfangreiche Katalog der Oesterreichischen Monarchie für die letzte Londener Ausstellung war aus Maispapier gedruckt. In Amerika begann man, Papier aus Holz zu fabriciren und besteht in Manayunk (Pa.) eine großartige Fabrik zu diesem Zwecke, welche 10 Acker Landes einnimmt und aus Spähnen des Pappelholzes billigeres, und doch gerade so gutes Pa­pier herstellt, als das von Lumpen verfertigte ist. Auf der Pa­riser Ausstellung war eine von Heinrich Kelter in Heidenheim erfundene Maschine zu sehen, welche im Großen aus Holz Zeug zur Papierfabrikation bereitete.

Papier im weitesten Sinne des Wortes ist ein in Blättern von Verschiedener Größe und Dicke durch Kunst dargestelltes Product, welches aus kleinen, unregelmäßig durcheinander liegenden, blos ver­mittelst Adhäsion zusammenhaltenden Fäserchen besteht und im Wesent­lichen auf die Weise hervorgebracht wird, daß man irgend ein geeig­netes Material zuerst in eine Masse solcher Fäserchen mechanisch zer­kleinert, diese in wässerigem, breiartig vermengtem Zustande zu einer dünnen Schicht ausbreitet und dann das Wasser theils durch eine Art Filtration, theils durch Druck, theils endlich durch Verdampfung weg­schafft. In dem engeren und allgemein gebräuchlichen Sinne be­zeichnet man nur die dünneren Blätter dieses Fabrikats mitPapier", die dicken aber mitPappe".

Von höchster Wichtigkeit in der Fabrikation des Papieres ist das Sortiren des Materials, wobei auf dessen Feinheit, mehr oder weniger abgenutzte Beschaffenheit, Farbe u. drgl. Rücksicht genom­men werden muß. Gewöhnlich theilen schon die Lumpensammler drei oder vier Hauptsorten und liefern solche an die Faktoren der Pa­pierfabriken oder Fabrikanten selbst ab. Die Absonderung aller baum­wollenen, wollenen und seidenen Lumpen von den leinenen ist die erste Hauptrücksicht. Ferner müssen die aus Hanf und Werg (Hede) und