730

Streich- oder Zündhölzer.

Auch müssen die Arbeiterinnen mit den Verrichtungen, sofern dies thunlich, öfters wechseln und bei den ersten Spuren von Unwohlsein die Arbeit auf längere Zeit oder ganz aufgeben. Auch vom Auf­bewahren größerer Mengen von Zündhölzchen in Räumen, wo Men­schen sich längere Zeit aufhalten, insbesondere schlafen, sind bereits die traurigsten Wirkungen, vorzüglich bei Kindern, beobachtet worden.

Dem Grundsätze huldigend, daß in der Industrie alle auf die materiellen Interessen beziehenden Fragen in den Hintergrund treten müssen, wenn es sich um die Gesundheit und das Leben von Menschen handelt, haben die Besitzer der größeren Zündwaarenfabriken in Oester­reich, namentlich Preschel (der mit Romer wohl als Begründer der heutigen Industrie der Zündhölzchen angesehen werden kann), im Jahre 1854, und Fürth 1855 begonnen, Zündhölzchen von amor­phem Phosphor zu fabriciren, welcher frei von all' diesen Nach­theilen ist, die der gemeine Phosphor sowohl bei der Fabrikation, als auch bei der Aufbewahrung und dem Gebrauche der Zündwaaren im Gefolge hat. Aber während die Fabrikanten bei diesen Versuchen die größten Opfer brachten, wollte das eigensinnige Pub­likum dieses unschädliche Produkt nicht, sondern be- harrte mit kindischem Eigensinn auf den Gebrauch der P h o s p h o r Zündhölzchen, an deren Fabrikation so manches Menschen­leben klebt, und welche schon so entsetzlich viel Unglück verursacht haben, da, wo sie in die Hände von damit spielenden Kindern gericthen oder unachtsame Aufbewahrung herrschte. Was den Wiener Fa­brikanten beim deutschen Publikum damals nicht gelingen wollte, das erreichte Coign et in Frankreich mit der Einführung der ebenfalls giftfreien Reibzündhölzchen nach Böttcher's System, auch in der Schweiz werden solche Zündhölzchen seit 1855, und von Sebold in Durbach und von Rapp in Baden fabricirt. Auf der Pariser Ausstellung brachte A. Benedict Förster, der jetzige Besitzer der Joh. Preschel'schen (schon erwähnten) FabrikGiftfreie Zünd­hölzchen" (von Prof. Schröder in Wien entdeckt), durch welche der bei der bisherigen Fabrikmethode mit gemeinem Phosphor ver­anlaßten fürchterlichen FabrikkrankheitPhosphor-Nekrose" zum Besten einer so hervorragend großen Classe der Zündhölzchenarbeitcr ge­steuert, aber auch nicht minder den Consumenten ein wesenlicher Dienst geleistet wird, da alle absichtlichen wie zufälligen Vergiftungen durch Phos­phor unmöglich gemacht sind. Dieser wohl zu beachtende Vortheil wird erreicht, indem der Preis der giftfreien Zündhölzchen nur um 1 kr. per Tausend höher zu stehen kommt, als der der giftigen Waare beträgt. Die Billigkeit der Zündhölzchen ist ohnehin schon staunens- werth; denn ein Kistchen mit 50 Päckchen ordinairer Hölzchen kostet in Wien 35 kr., und da das Päckchen 70 Stück, also das Kistchen 3500 enthält, kommen 100 Stück auf 1 kr. zu stehen. Warum wir uns aber über diesen Gegenstand etwas ausführlicher eingelassen haben, ist: weil gerade in derFabrikation derZündwaaren die