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Die Gerberei.

heit verschlucken) Frauenhilfe weniger geschäht wird, als die Dienste, welche Ochs und Roß leisten. Die Rothgerberei in all' ihren Verrichtungen ist mühsam und widrig, und obwohl nicht ungesund, doch schmutzig und unangenehm; deshalb paßt sie auch nicht recht für Frauenarbeit. Obendrein wird die Arbeit in der Gerberei nicht ein­mal gut bezahlt. Auch bei den Kosaken (!?) sollen sich Frauen mit der Gerberei beschäftigen. Trotzdem meint die Vers., daß das Gerben der Felle rc. (in der Sämischgerberei) von Frauen verrichtet werden könnte. Dieselben in die nöthige Dicke (oder vielmehr Dünne) strecken, im Wasser schwenken und mit einem kleinen Stein bearbei­ten, mit einer Bürste reinigen, und in der Trockenkammer mit Oel und Fett einreihen, würde für eine Person von einiger mechanischer Fertigkeit keine lange Uebung verlangen. Die Felle erweicht man dann, indem sie zusammengeschlagen und in einem hohlen Brette gewaschen werden. Dann werden sie sorgsam geschabt und wiederum bearbeitet, worauf das Schwärzen und Färben kommt. Die Ar­beit erfordert allerdings einige Anstrengung, aber so glaubt die Vers. nicht mehr, als auch beim gewöhnlichen Waschen von Wäsche. Auch müssen alle Verrichtungen im Stehen gethan werden. Der Prozeß, Felle von Schafen, Lämmern und Ziegen in weiche Felle zu verwandeln, oder Weißgerberei meint die Vers. ist leich­tere Arbeit, als die vorerwähnte. Das Leder erfordert zwar mehr Strecken und Reiben, aber sie will dessen gewiß sein daß diese Arbeit nicht schwerer wäre, als das Marokko-Nähen (wovon sogleich die Rede sein wird), wenn sie nur nicht so Ekel erregend wäre.

Bemerkt muß hier noch werden, daß in Frankreich das Leder zu Handschuhen nach einer mechanischen Hobelmethode zubereitet wird, durch welche nicht nur billigere Arbeit erzielt, sondern ein besseres, schnitt- freieres Produkt von der möglichsten Feinheit gewonnen wird. Der unerfahrenste Arbeiter kann diese Verrichtung in kürzester Zeit erler­nen, zu welcher sonst eine lange Lehrzeit nothwendig war und es meist an tüchtigen Arbeitern mangelte. Nur Frauen und Mädchen besorgen jetzt diesen Theil der Lederzubereitung in Frankreich.

363. Marokko- oder Saffianfabrikation*). Zu den fei­nen Ledersorten der Roth- oder Lohgerberei gehört auch das Ma­rokko- oder Maroquinleder oder der Saffian, dessen Fabrikation in Amerika, insbesondere in Pennsylvanien sehr bedeutend ist, und das aus Ziegen- und Schaffellen zubereitet wird.

In dieser Fabrikation sind Frauenspersonen insbesondere mit dem Zusammennähen der Felle betraut. In Philadelphia allein sind 200 Frauenspersonen hiermit beschäftigt. Indessen haben manche Frauenspersonen keinen Erfolg hierbei, indem sie es nicht zu der

*) Dieses feine, glänzende, meist hellgefärbte Leder hat seinen Namen von der StadtLskü" in Marokko (im nordwestlichen Afrika).