Marokko- oder Saffian-Fabrikation.

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nöthigen Fertigkeit bringen, und es dann wieder aufgeben müssen. Fast alle diese Marokko-Nähterinnen in Amerika sind Deutsche und meistens die Frauen oder Töchter solcher Männer, welche in der Saf­fianleder-Fabrikation zu thun haben. Marokko wird mit der Hand polirt, und an manchen Plätzen geschieht das ebenfalls von Frauens­personen. In Philadelphia nähen Frauen auch manchmal Ziegen- felle zusammen, ehe sie zugerichtet werden. Die Arbeiterinnen erhal­ten Hiebei sowohl, wie beim Zusammennähen des Saffians 12 Cts. pr. Dutzend. Sie bringen gewöhnlich 5 Dutzend, auch etwas mehr, zu Wege, und ihr Verdienst berechnet sich auf 75 Cts. pr. Tag, oder K45, ja auch K6 die Woche. Manche Marokkofabrikanten be­schäftigen bis 16 Arbeiterinnen.

Lehrlinge müssen schnelle Finger haben, um den flinken Gebrauch der dreispitzigen Nadeln bald zu erlernen, die Hiebei angewendet wer­den. Es wird 2 3 Wochen Lehrzeit angenommen, und die Lehr­linge erhalten gleich zu Anfang für das, was sie verdienen, Bezah­lung. So gewandt zu werden, um mit dem Saffiannähen wöchentlich K57 zu verdienen, bedarf es schon einiger Jahre fortgesetzter Uebung.

Diese Beschäftigung ist eine nasse und schmutzige Arbeit. Ein Arzt sagt hierüber:Die Ausdünstung thierischer Substanzen, welche den Sinnen doch sonst so schädlich sind, noch mehr aber der üble Geruch, scheinen in dieser Beschäftigung nicht blos nicht schädlich zu sein, sondern sogar gegen Krankheit zu schützen." Auch das Zie- genfelle zusammennähen ist eine widerliche Arbeit, da die Felle noch naß sind und sehr übel riechen.

Saffiannähterinnen haben mit Ausnahme von 12 Wochen das ganze Jahr Arbeit; am meisten im Frühling und Herbst. Die Aus­sicht auf Beschäftigung ist in Amerika nicht mehr recht günstig, da manche Leder-Fabrikanten die Felle unzusammengenäht zu gerben anfangen.

364. Lederer, Lederhändler oder Leder-Ausschnittgeschäfte. Wir haben schon oben gesehen, daß in der Rothgerberei Frauen­arbeit nicht leicht anwendbar ist, wie sie in der Weißgerberei rc. allenfalls zur Anwendung kommen könnte, und in der Marokko- oder Saffian-Fabrikation wirklich in Anwendung kommt. Aber, wenn das Leder einmal zubereitet ist, dann vermöchte es von Frauensper­sonen zum Verkaufe ausgeschnitten werden, was nach dem Maaße oder nach Patronen geschieht, und nur einige Uebung und Kenntniß des Leders kostet.

Man bereitet aus Ochsenhäuten das sog. Sohlenleder; aus den Häuten von Pferden, Kühen, Kälbern und Schafen macht man Fahl- leder, Ober- oder Schmalleder (Kuhleder zu Oberleder für stärkere Stiefeln und Schuhe, zu starken Riemen rc.; Kalbleder zu Oberleder für leichte Stiefeln und Schuhe, zu schwachen Riemen rc.; Roßleder.

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