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erwähnten schönen, jungen Frau, den weiter oben aufgeschlagenen Zelten zuwandern, als die Karawane und mit ihr die Mutter ankam. Mit lautem Frcudcnrufe eilten Beide dieser entgegen und be- willkommtcn sie und den kleinen Bruder mit vielen herzlichen Küssen. Unser Chabihr war ein Verwandter der Familie und trat jetzt auch hinzu, um die beiden Mädchen zu begrüßen. Gewiß würde er auch gern einen Kuß von den frischen Purpurlippen der hübschen jungen Frau angenommen haben, wenn ihm das die Sitte verstattet hätte. So mußte er sich mit einem Händcdruck begnügen. Es fiel mir auf, daß Beide, während sie sich die rechte Hand reichten, die linke Hand auf die rechte Hüfte des Anderen legten. Ob dies noch ein Ueberblcibscl der in der Bibel (1. B. MostS Cap. 24 Vers 2) erwähnten Sitte ist oder nicht, weiß ich nicht.
Ich bat um Milch und erhielt bald einen vollen Schlauch mit frischer, guter Ziegenmilch, welche ich mit Geld bezahlte. Als Bakhschicsch gab ich dem kleinen Mädchen noch eine Schnur Glasperlen und bereitete ihr damit eine große Freude.
Am 2. Juni. Die wenigen Glasperlen, welche ich gestern verschenkt hatte, zogen heute mehrere Arabcrinnen mit ihren Töchtern in unser Lager. Man brachte Milch, Holzkruge, Gazcllcnle- dcr und andere Sachen herbei, um dafür Glasperlen einzutauschen. Gern gewährte ich ihnen ihre Bitten.
Die Arabcrinncn hier am Brunnen haben sehr schöne, feine, lange Haare und flechten und salben sie auf andere Art, als dies die Frauen der Barabra zu thun pflegen. Ich wünschte ein Paar der fetttriefenden Locken zu besitzen, allein da stieß ich auf Schwierigkeiten, welche ich gar nicht vermuthet hatte. Die Frauen einiger Nomadenstänune achten ihr Haar so hoch, daß schon seit alten Zeiten ein sonderbarer Gebrauch herrscht, um dasselbe zu schützen. Man legt nämlich bei Verhcirathungcn dem Ehemanne die Verbindlichkeit auf, den Verwandten seiner Gattin für jedes Haar, welches er ihr gewaltsam ausrcißt, eine Kamelstute als Sühneopfcr zu geben. Erst nach vielen Bitten und Geschenken ertheilte mir jene junge Frau die Erlaubniß, eine ihrer Locken abtrennen zu dürfen.