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ungeheure Größe erreicht, doch niemals eine schwarze, sondern immer nur eine dunkelbrandgelbe Mähne erhält. Südlich vom vierzehnten Grade ist der Löwe überall anzutreffen und stets ein Gegenstand der größten Furcht für die Eingcbornen. Er wird so stark, daß er ein Kamel mit einem Schlage seiner gewaltigen Pranken tödten kann; ein Rind schleppt er mit Leichtigkeit im Rachen fort. Ein recht starker, vollkommen ausgewachsener, männlicher Löwe kann die Größe, wenn auch nicht ganz die Höhe eines Ochsen erreichen. Von den vielen arabischen Namen, welche der Löwe führt, hört man im Sudahn am Ocftersten Sabaä* **) ) und Essed^), scherzhafter Weise wird er wohl auch Abu- Fathme, Vater der Fathme, genannt. Den Sudahnesen fehlt zur Bekämpfung dieses ihnen weit überlegenen Thieres die nothwendigste Waffe, das Feucrgewehr; jedoch wollte es mir scheinen, als ob sie vor übergroßer Furcht gar nicht daran dächten, ihn ernstlich zu bekriegen.
Kaum weniger furchtbar als er, der gewaltige König der Wälder, ist der Leopard, Mvlis I^eoparäus, der „Nimmer" der Eingcbornen, zu Deutsch: ,,der mit Flecken Begabte". Er wird mit vollem Recht unter die gefährlichsten Bewohner der Wälder gezählt, ist kühn und verwegen, kommt mit großer Frechheit selbst bis in die Straßen der Dörfer und Städte und raubt oder erwürgt Alles, was er bewältigen kann. Die Sudahnesen erzählen sehr ernsthaft von ihm Folgendes: Der Leopard wird, wenn man ihm seinen Namen laut zuruft, in die größte Wuth versetzt. Das wissen die Nomaden, jene „Aulahd el Schidde" (Söhne der Stärke) und benutzen es, um den Verderber ihrer Heerden zu erlegen. Sie nehmen zwei spitze und scharfe Lanzen und suchen ihren Feind im Walde auf. Wenn dieser sie gewahrt, flüchtet er sich auf einen Baum und schaut, auf einem wagrechten Aste liegend, von Oben ingrimmig herab. Der Nomade hält jetzt seine Lanzen so, daß beider Spitzen neben seinem Kopfe in die Höhe
*) Bedeutet: Der Würger der Heerden.
**) Oder „Assad": Der Aufruhr Erregende.
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