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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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Die Termiten beginnen ihre verderblichen Arbeiten nur zur Nachtzeit oder wenigstens in tiefster Dunkelheit. Zunächst überzie­hen sie das der Vernichtung Geweihte mit einer das Licht abhal­tenden Erdkruste, unter welcher sie arbeiten. Alle am Boden lie­genden oder an den Erdwänden hängenden Gegenstände werden zu­erst ergriffen, mit dem Lchmmantcl überkleidct und gewöhnlich in wenig Nächten zerfressen. Bastmatten, Strohgeflcchte, Lederfutte­rale, Kleider und derartige Stoffe werden in einer einzigen Nacht vernichtet. Sie versuchen ihre Zerstörungswut!) an allen Stoffen, deren sie habhaft werden können, auszulasten; so haben sie uns mehrere Male die Gewehrläufe mit ihren Erdkrusten bedeckt. Von dem auf der Erde Liegenden wenden sie sich zu dem sich in der Höhe Befindlichen. In kurzer Zeit wird das solideste Sparrwerk von ihnen zernagt; sie sind die Ursache, daß unbewohnte Gebäude in kurzer Zeit in Trümmer fallen. Wenn sie sich einen gesunden und kräftigen Baum ersehen haben, verfahren sie ebenso. Von der Erde aufwärts arbeiten sie sich bis in den Wipfel hinauf, in das feinste Geäst hinaus. Jeder Zweig wird durchlöchert und zerfressen, der Stamm ist der Hauptsitz der Kolonie, aber nur so lange, als der Baum noch genießbare Theile enthält. Dann wird ein ande­rer in Angriff genommen; den ersten bricht der nächste Sturm zu­sammen.

Wir haben Gelegenheit gehabt, uns von der ungeheuren Jn- dividuenzahl einer Termitenkolonie zu überzeugen. Am 15. August 1850 bat uns Latief-Pascha zu sich, weil er uns etwas Merk­würdiges zu zeigen habe. In der That bot sich uns beim Ein­tritt in den Diwahn ein interessantes naturhistorischcs Schauspiel dar. Die Grundgewässer des jetzt hochgestiegenen blauen Flusses, an dem der Diwahn unmittelbar liegt, hatten Tags vorher eine Termitenkolonie in die Höhe getrieben, welche sich durch den Estrich- boden des Saales einen Weg gebahnt und ihre Mitglieder in sol­cher Anzahl hcrausgesandt hatte, daß alle Anwesenden sich flüchten mußten. Am folgenden Morgen ließ der Pascha ein tiefes Loch in das Erdreich graben, um den ganzen Stock vertilgen zu können. Im Niveau des Stromes fand man einen großen lebendigen Klum-