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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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des Aucr- und Birkwildes unserer Gebirge; es ist aber ja auch außerdem eine bekannte Thatsache, daß gute Tänzer dein weiblichen » Geschlechte stets willkommene Erscheinungen sind.

Der Königskranich ist im Sudahn Standvogel, der Jung- fernkranich wie der graue nur zur Winterszeit Gast im frem­den Lande. Jeden Herbst erscheinen Tausende der Letzteren im Ge­biet der Nilzuflüsse, um dort behaglich den Winter zu verleben und die Vcrmauserung ihres Gefieders in aller Ruhe abzuwarten. Beide Arten vereinigen sich mehr oder weniger mit einander. Sie bewohnen dieselben Sandbänke und ziehen vor Sonnenaufgang auf dieselben Plätze aus, um Nahrung zu suchen. Den Königskranich, welcher sich tagtäglich bei ihnen aufdrängt, scheinen sie nicht als ihres Gleichen betrachten zu wollen; wahrscheinlich ist er ihnen nicht anständig und klug genug; sie selbst leben in bester Eintracht zu­sammen.

Bei ihrer Ankunft (im Oktober) sind die Ströme bereits so ^ weit gefallen, daß einzelne Sandbänke über den Wasserspiegel her­

vorragen. Diese bilden ihre Standplätze; von hier aus fliegen sie jeden Morgen in ihre Nahrungsspeicher, die Getraidefeldcr der Steppe hinaus. Eine einfache Berechnung der Getraidemenge, welche die im Sudahn überwinternden Kraniche verzehren, beweist, daß sie in so großen Massen in keinem andern Land der Erde würden leben können. Ich habe beobachtet, daß jeder Einzelne von ihnen täglich mindestens ein halbes Maas Durrah zu seiner Nah­rung braucht und bin fest überzeugt, daß die Anzahl der im Su­dahn wintcrnden Kraniche zu mehr als dreimal Hunderttausend angenommen werden kann. Bei einem Aufenthalte der Böge! von hundertundfunfzig Tagen berechnet sich das Quantum des wäh­rend dieser Zeit verbrauchten Getraidcs zu 125,000 dresdner Schef­feln! Diese Schätzung ist keineswegs übertrieben, denn ich habe die Minima angenommen; aber ich glaube, daß sie nur Derjenige, > welcher die ausgedehnten Getraidefeldcr Ost-Sudahns und die un­

geheure Anzahl der in ihnen Nahrung findenden Kraniche kennt, annähernd richtig finden wird.

Wenn man Mitte Oktobers einen der beiden Hauptflüsse des

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