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„Aber welches Land der Erde hat ihm, dem von dem eis'gen Winter Ausgestoßenen, ein freundliches Asyl gewährt? Hat es ihm wohl auch gefallen in der Fremde?"
,,„O du Kindermund Vogelsprachekund Wie Salomo —
Verstehst du denn nicht seinen jubelnden Sang? Verkennst du die Freude, mit welcher er seine Heimath wieder grüßt? Und du fragst, ob es ihm gefallen haben könnte draußen in der Fremde? Nein, gewiß nicht! Er war eiliger, seinen Winteraufenthalt, als seine Heimath zu verlassen. Und wie hat er sich gefreut, als ihm durch von uns ungekanntc Boten Kunde ward, daß in seinem Vaterlande nun die Zeit des Frühlings gekommen! Wie hat er da vergnügt die Schwingen gehoben und seine Kehle versucht, gleichsam als wolle er beide erproben zu seiner bevorstehenden Reise und dem in der Heimath zu erhebenden Freudengcsange. Und plötzlich ist er verschwunden; alle Geselligkeit verschmähend, hat er allein sich auf die Reise gemacht, sie um so schneller zu vollenden. Trauernd, so schien es, zog er von uns, freudig kehrte er wieder. Doch, wo er weilte, das will ich dir deuten.""
In weit entlegene, südliche Länder wandern die Vögel. Ich bin ihnen nachgezogen, ich habe manchen von ihnen wieder gefunden, aber doch nur manchen. Wir, die an die Scholle Gebannten, wir bedenken freilich nicht, daß die gefiederten Bewohner der Erde keine Entfernungen kennen; wir wollen cS uns nicht einge- stehen, daß der Wanderer der Lüfte Länder und Meere, welche wir in Wochen nicht zu durchreisen vermögen, in Stunden und Tagen durcheilt. Was wir Reisen nennen, erscheint ihnen, den Behenden, Flüchtigen vielleicht nur als lustige Wanderung. Aber doch will es uns bedünken, als ob viele Zugvogel Das, was sie in der weiten Ferne suchen, in größerer Nähe finden könnten. Der Zug der Vögel ist uns noch in mannichfacher Hinsicht dunkel und bleibt es, selbst nachdem uns das Land, welches den einen oder den anderen während des Winters beherbergt, bekannt geworden ist. Ich habe viele Vögel in ihrem Winterquartiere beobachtet,
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