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Mein treuer Freund Bau erhörst bezog mit mir eine Wohnung in dem Tarb el Tiahb, „Weg der Schakale", einem engen Gäßchcn im arabischen Viertel, nahe der Muhski. Nur wenige Schritte brauchten wir zu machen, um unter den Platanen der blumenduftcndcn Esbeki'e in stiller Behaglichkeit eine Schiesche*) zu rauchen und ein Täßchen köstlichen Mochatrankcs zu schlürfen.
Es ist so schön unter den schattigen Alleen der Esbekrc! Von fern her tönen gegen Abend sanfte, vom leisen Abcndwinde getragene Klänge europäischer Hornmusik oder arabischer Minnclieder. Lustwandelnde Europäer und kühlcsuchcnde Europäerinnen gehen vorüber, manchmal auch Levantiner mit ihren verschleierten Frauen. Wie blitzen die dunklen Augen hinter dem Schleier hervor; wie ruhen sie bisweilen so sonderbar fragend auf dem Fremdling! Und darüber blaut der herrliche Himmel Egyptens, bis ihn die scheidende Sonne in Purpur kleidet. Die hin und her wandelnden Damen und Herrn verschwinden, aber die Blumcngcister werden wach mit der Nacht. Die Sterne funkeln so herrlich vom dunklen Himmclsdome herab, die Lust ist so kühl und doch so unendlich mild. Man sitzt träumend auf der harten Bank aus Palmenstic- len, aber alle Sinne sind geschäftig, die Herlichkeit der Nacht zuin Throne des Geistes zu bringen. Oft war Niemand mehr auf den Spazicrgängcn zu sehen, außer uns. Wir blieben noch, wenn schon alle Ucbrigen heimgegangen waren. Nicht wahr, Bauerhorst?
In Kairo hatten wir drei liebenswürdige Deutsche kennen gelernt, in deren Gesellschaft wir manche frohe Stunde zubrachten. Es war der Naturforscher Dr. Theodor von Heuglin aus Würtcmberg, der Kaufmann Sauer aus Hannover und der Dr. meä. Theodor Billharz aus Sigmaringen. Heuglin würzte durch wissenschaftliche Mittheilungen oder Sauer durch seine Gesprächigkeit und Billharz durch sein gcmüthvollcs Wesen die genußreichen Abende unseres Vereins. Billharz war die Seele der Gesellschaft. Ich bin unentschieden geblieben, ob ich seinem treffli-
*) Arabischer Name der Wasserpfeife (Nargileh).