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materiell mit Allein ausgerüstet, was für den Sudahn erforderlich scheint. Eine schöne, genußreiche Stunde verbrachten wir bei den liebenswürdigen, wüthigen Verkündigten des Christenthums, dann schieden wir und wandten, der Heimath zueilend, den nach dem fernen, heißen Süden Ziehenden den Rücken. Unsere weitere Fahrt war rasch und glücklich.
Am 26. Oktober. Der erste Strahl der jungen Sonne beleuchtete die Spitzen der schlanken Minarets der Moschee Maham- med - Aalis. Freudig begrüßten wir die Maheruhset. Wir landeten bald darauf in Fostat und trabten auf raschen Eseln der Muh Ski zu. Es war heute Sonntag. Die Glocken des Klosters ,,zur heiligen Erde" läuteten zur Frühmesse. Jeder Ton klang melodisch in unserem Inneren wieder. Und mit dem Klingen dämmerten der Heimath Bilder in uns auf. Das waren dieselben Glocken, welche uns als Knaben getönt, dieselben, welche uns die Abschiedsstunde vom Vaterlande geschlagen hatten und jetzt uns seinen Willkommen entgegenliefen. Monate, Jahre lang mußten wir von allem Dem, was an die Heimath mahnt, entfernt gewesen sein, um ihre Sprache verstehen zu lernen; jetzt riefen sie uns klare, helle Worte zu:
„Das ferne Glockengeläute zog träumerisch durch die Luft.
Es sprach von vergangenen Tagen, von Lenz und Blüthendnft."
Und wieder berauschte mich das Wogen und Leben der unvergleichlichen Stadt. Ich konnte von Neuem in den Gärten ,,dcr Siegreichen" schwelgen und schwärmen. Mein durch das Fieber entkräfteter Körper stärkte, mein so oft darniedergedrücktcr Geist erhob sich. Ich lebte in Kairo wieder auf. Schon früher habe ich diese herrliche Stadt mein Ideal genannt. Ich wiederhole es, um die Fülle meines Glückes beschreiben zu können. Wie nahe war ich der Heimath! In anderthalb Monaten erhielt ich Antworten auf Briefe, die ich den Lieben geschrieben. Wie freundlich kamen mir ehrliche, biedere Landslcute entgegen! Ich versöhnte mich durch sie wieder mit dem Europäer, wieder mit dem Christen. —