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Einleitung.

genauere Bekanntschaft mit demselben doch in keiner Weise Schaden bringen können. Im Gegentheil möchte ihnen hierdurch Anregung und Unterweisung gegeben werden, daß sie auch aus Freundschaft oder aus Wohlthätigkci tssinn Anderen eine nützliche Anlei­tung zu geben verstehen lernen. Denn, wo wäre die Frau, nicht ganz bar und ledig aller edleren Gefühle, welche nicht eine Verbesse­rung der Lage der arbeitenden Klassen ihres eigenen Geschlechtes wünschen möchte, derjenigen ihrer Mitschwestcrn, welche kaum das tägliche Brod zu gewinnen vermögen, und die kaum genug haben, Leib und Seele zusammen zu halten?

Man hat sich in der That noch nicht genugsam Kunde verschafft über die Arbeitsaufgabe eines einzelnen und verlassen dastehenden weiblichen Wesens. Denjenigen, welche ohne Mittel sind, fehlt mei­stens auch jede Anleitung, sich solche zu erwerben; und gerade die wenigen Gelegenheiten, welche dem weiblichen Geschlechte geboten sind, sich eine lohnende Beschäftigung zu verschaffen, haben, da sie übersetzt waren, wohl schon manchem weiblichen Wesen die schönste Zeit vergiftet, und wiederum anderen noch ihre besten Fähigkeiten zerstört.

Man erweitere darum die Grenzen der Thätigkeit und des Unternehmungsgeistes des weiblichen Geschlechtes, öffne ergiebige Fel­der der Arbeit für sie, und leite sie darauf hin!

Solchen aber, welche sich so bitter darüber aussprechen, daß Frauen zu Arbeiten herangezogen werden, welche bisher nur von Männern besorgt zu werden pflegten, wollen wir die Frage stellen: Was wollt ihr denn, daß einzelne Frauen und Wittwen thun sol­len, um ihr tägliches Brod gewinnen zu können? Sicherlich werdet ihr doch nicht verlangen, daß die Frauen keine Beschäftigung erhal­ten und stehlen sollen? Und was bliebe ihnen denn auch anderes übrig? Warum aber sollen Frauen nicht freien Zutritt zu Berufs­arbeiten haben, welche ihnen hinreichenden Unterhalt gewähren könn­ten? Alle diejenigen, welche dem entgegen sind, thun es lediglich aus selbstsüchtigen Absichten. Es giebt genug Männer, welche die Frauen vom Schreibtisch des Journalisten oder des Schriftstellers ferne halten, die ihnen die Stellen in Verkaufsläden, die Beschäftigung in Fabriken und Werkstätten nicht gönnen wollen, und die denselben den Zugang zu Telegraphenämtern, zum Setzkasten und jeder anderen Stelle versperren, und deren Wirkungskreis nur auf die Schule, den Nähtisch und die Küche beschränken möchten. Darum muß erst das