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Ammen.

Der BerlinerVerein für Familien-- und Volkserziehung" hat eine B i l d u n g s a n st a l t für Kindermädchen errichtet, und auch der Fröbelverein in Hamburg schenkt diesem wichtigen Gegen­stände seine Aufmerksamkeit. Aus einem Berichte der verdienten Präsidentin dieses Vereins, Frau Johanna Goldschmidt, geht hervor, daß derselbe seit seinem sechsjährigen Bestehen bereits 156 Schülerinnen ausgebildet hat. Dieser Verein hat den Zweck, junge Mädchen nicht zu bloßenKindermädchen" im gewöhnlichen Sinne, sondern auch zu Erzieherinnen und Pflegerinnen auszubil­den. Um dieses Ziel zu erreichen, sucht er ihnen während einer einjährigen Lehrzeit durch persönliche Betheiligung in Kindergärten, im Kinderhospital und in einer Kleinkinderbewahranstalt die Geschick- lickkeit zu verschaffen, deren sie für gesunde und kranke Kinder be­dürfen, und neben der Unterweisung in der Praxis auch mit der theoretischen Grundlage des Fröbelschen Systems bekannt zu machen. Der Bildungsgrad der Schülerinnen ist selbstverständlich nach Anlage und Neigung ein sehr verschiedener, weshalb dieselben in zwei Ab­theilungen unterrichtet werden, und demzufolge theils als einfache Pflegerinnen zu solchen Familien empfohlen werden, die neben der Hauptarbeit noch recht praktische Tüchtigkeit für den Haushalt bean­spruchen; theils um Kindern schon mehr geistiges Material zu bieten, vorwiegend als Erzieherinnen noch nicht siebenjähriger Kinder, Ver­wendung finden.

12. Säugeammen wird selbstverständlich ein höherer Lohn ge­währt als Kindermädchen.

Obgleich es in unserem deutschen Vaterlande nicht zu dersocia­len Barbarei" gekommen ist und nie kommen kann, wie in Frankreich, wo die Städtebewohner, hauptsächlich aber die Pariser, alle neu- gebornen Kinder zu Ammen auf das Land geben, wo mit den armen Wesen in himmelschreiender Art umgegangen wird; so ist das Am- mcnwesen bei uns doch noch immer allzu häufig, als man es wün­schen sollte. Ammen sind nothwendige Uebel, und man sollte froh sein, dieselben entbehren zu können. Da aber, wo man zu Ammen seine Zuflucht nehmen muß, sollte man ja darauf bedacht sein, eine in jeder Beziehung geeignete Person zu finden.

Personen aber, welche sich zu Ammendiensten anbieten, sollten die Wichtigkeit und große Verantwortlichkeit bedenken, welche sie auf sich nehmen, und sollten deshalb vor Allem nach einer gründlichen Belehrung über ihre Pflichten trachten.

Es ist allerdings vorzuziehen, eine Amme zu nehmen, die gesund und kräftig ist, als sein Kind ganz mit der Flasche aufzuziehen; aber immer und immer wird die beste Amme nicht die Mutter und die Mutterliebe ersetzen können. Dies sollte auch die Amme bedenken, und deshalb bestrebt sein, diesen Mangel dem kleinen Wesen so we­nig als möglich fühlbar zu machen. In derVictoria" (Nr. 8 und