Boarding-Häuser führen.

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und erleuchtetes) Unterhaltungszimmer hat, in welchem weder ein Flü­gel oder Melodion, noch eine kleine Bibliothek und die Tageszeitun­gen fehlen dürfen. Von strebsamen jungen Eingewanderten mögen daher nur solche Boardinghäuser gewählt werden, um sich sowohl schneller in die Umgangssprache, wie in die amerikanischen Manieren finden zu können, und in der Regel wird diesen Leuten ihr KosthauS zu einer sehr nützlichen Schule. Dergleichen Boardinghäuser pflegen in Amerika von Frauenspersonen gehalten zu werden.

Es gehört zu der Gcschicklichkeit, zwischen den Unannehmlichkeiten eines derartigen Unternehmens durchzukommen, jedenfalls eine sehr geduldige und nachsichtsvolle Gemüthsart, sowie ein frohes und um­gängliches Wesen, da selbstverständlich Jedermann lieber ein freundli­ches und heiteres Gesicht, als eine trotzige und mürrische Miene sieht. Es ist ferner zu der Führung eines solchen Geschäftes ein gewisser Ernst erforderlich; vor Allem aber hüte man sich vor jeglicher Par- theinahme und unnützen Klatscherei; beobachte vielmehr Allen gegen­über eine gewisse Zurückhaltung. Das Halten eines BoardinghausrS giebt hundertfältige Gelegenheit, Gutes zu thun, Bedürftigen zu unter­stützen und Unglücklichen zu helfen. Aber nicht blos in dieser, son­dern auch in manch anderer Beziehung wird das Temperament derer, die Boardinghäuser halten, stark in Anspruch genommen. Deshalb müssen sie, wir schon gesagt, Willenskraft und Charakterstärke besitzen. Auch sollten sie sich vor Einem Uebelstand hüten, welchen dieses Ge­schäft mit sich bringt, nämlich vor der Angewöhnung des Müßiggan­ges. Am besten lohnt sich dieser Beruf in Gegenden, welche der Jagd oder der Fischerei, der landschaftlichen Schönheit und gesunden Luft halber, oder als bekannte Bäder einen Anziehungspunkt für Städter bilden, und dieselben veranlassen, daselbst den Sommer zuzu­bringen. Am ungenügendsten jedoch sind diese Bordinghäuser in größeren Städten für einzeln stehende Frauenspersonen bestellt. Die meisten der gewöhnlicheren Boardinghäuser ziehen Männer als Gäste vor, weil diese mehr verbrauchen und die meiste Zeit außer dem Hause zubringen. Es ist daher für Arbeiterinnen in großen Städten oft sehr schwer, in einem guten Kosthause Unterkunft zu fin­gen. Es giebt in New-Iork Boardinghäuser für die ausschließ­liche Aufnahme von Handlungsdienern. Könnten dort, frägt die Ver­fasserin (wie sonst an Orten, wo dieser Mangel in ähnlicher Weise schroff hervortritt), in derselben Art nicht solche Etablissements beste­hen, bestimmt für die ausschließliche Aufnahme von Arbeiterinnen? Ein Uebelstand bliebe jedoch auch hierbei immer bestehen. Die Boardinghaus - Halter wollen nämlich Profitiren. Bei den schlechten Arbeitslöhnen mancher Beschäftigung aber ist es den Arbeiterinnen nicht möglich, viel Boardinggeld zu bezahlen. Deshalb müssen diese Armen denn auch mit schlechter Wohnung, schlechter Lagerstätte, schlech­ter und unzureichender Nahrung fürlieb nehmen. Diesem Uebel kann in keiner anderen Weise abgeholfen werden, als dadurch, daß