Tanien-Schneiderinnen.
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Arbeiterinnen beobachten in Ncw-Aork jetzt die Arbeitszeit von 7 Uhr Vormittags bis 6 Uhr Nachmittags und haben 1 Stunde zu Mittag frei. Manche ziehen aber die Geschäftszeit, welche im Broadway üblich ist, nämlich von 8 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Nachmittags, vor; obgleich sie dann spater am Abende zu Hause kommen, und sich daher auch nicht so bequem durch einen Spaziergang, Besuch eines öffentlichen Vcrgnügungsplatzes u. s. w. eine Erholung verschaffen können. — Einen schlimmen Einfluß auf die Lohnsätze übt der Umstand, daß sich viele Mädchen, welche noch bei ihren Eltern Wohnung und Kost haben, also für Bezahlung des nächsten Lebensunterhaltes nicht zu sorgen brauchen, anbieten, billiger als sonst gewöhnlich geschieht, zu arbeiten.
In keinem Geschäfte giebt es wohl so viele Personen, welche sich, ohne dasselbe je gelernt zu haben, demselben widmen. Darunter sind Viele, die in ihren Verhältnissen zurückgekommen, ohne alle Vorbereitung nach demselben, als der ersten besten Gelegenheit greifen, sich ihren Unterhalt zu erwerben, ohne daß sie Erfahrung und Geschick oder irgend ein Talent dazu gehabt hätten. — Eine gute Da- mcnschneiderin sollte immer etwas Anlage zum Zeichnen und Geschmack in der Ausführung ihrer Arbeit haben; denn gerade „das Zuschneiden und Herrichten können" ist eines der Hauptcrfordernisse einer tüchtigen Damcnschnciderin. — Die Zeit, innerhalb welcher dieses Geschäft erlernt werden kann, erfordert je nach dem Geschicke und den Fähigkeiten einer Person 3 Monate bis zu 1 Jahr. Die Bedingungen, unter welchen Lehrlinge angenommen werden, sind in New-Aork sehr verschieden. Es wird Lehrlingen ein CursuS von 6 Monaten eröffnet, wenn sie K 10—15 Honorar für den Unterricht zahlen. — Andere verpflichten sich, ein Jahr lang in der Lehre zu bleiben und sie erhalten während der Zeit Kost und auch manchmal Wohnung für ihre geleistete Arbeit. — Solche, welche bei ihren Eltern oder Verwandten, oder auswärts wohnen und essen, erhalten für ihre Arbeit eine wöchentliche Vergütung von K 1. 50. bis K 2. 50. — Aber diese Lehrlinge müssen Hemden machen, Aermel annähen und sonstige Arbeiten verrichten, die wohl der Lehrmeistcrin zu statten kommen, bei der sie selbst aber nicht viel lernen. — Wieder Andere machen sich für 2 Lehrjahre vcrdindlich, um das Geschäft gründlich zu erlernen, und sie erhalten dann Kost oder Vergütung hiefür.
Lehrlinge, welche schon recht gut nähen können, erhalten in manchem Geschäfte gleich vom Anfange an 8 2 pr. Woche, und zwar sechs Monate lang. Meistenteils aber lernen sie nicht fertig aus, es sei denn, daß die Prinzipalin eine gewissenhafte Frau, oder daß ein besonderer Contract darüber abgeschlossen worden. — Ein Mädchen mit guten Anlagen und einigem Fleiß kann in 16 Monaten das Damcnkleider machen vollkommen erlernt haben. — Manchmal erhalten Lehrlinge die drei ersten Monate gar nichts, die nächsten drei