Handschuh-Fabrikation.
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Flüchtlinge. Unter der Regierung der Königin Elisabeth wurden in England die Handschuhe zu einem Gegenstände des größten Luxus. Und so ward der Gebrauch des Handschuhes in jedem Jahrhunderte allgemeiner, er selbst immer vollkommener und verschiedenartiger. Er dient jetzt als Schutz gegen Witterung und Arbeit, ist nicht nur Schmuck, sondern ein unerläßliches Kleidungsstück, und kann mit Stolz von sich sprechen: „Ich bin ein wichtiger, gesetzgebender Faktor der ganzen civilisirten Welt."
Die Handschuhfabrikation ist ein fernerer Zweig der Nähterei, wobei Frauen häufig Beschäftigung finden. — Handschuhe werden nun aus Ziegenleder, Seide, Baumwolle, Wolle u. s. w. von der feinsten bis zur geringsten Qualität verfertigt. Lederne Handschuhe sind die gebräuchlichsten. — Der hohe Arbeitslohn, die Schwierigkeit gutes Material (Ziegenleder) zu erhalten, der Mangel an geschickten Arbeitern u. s. w., Alles dies trug dazu bei, daß die Fabrikation der feineren Handschuhe in Amerika, bis zum Jahre 1860 wenigstens, noch nicht recht aufkommen konnte, und daß der größte Theil dieser Waare von den Amerikanern vom Auslande, hauptsächlich von Frankreich bezogen wurde. — Bezüglich der in Amerika selbst betriebenen Handschuhfabrikation ist es eine feststehende Thatsache, daß unter den fremden Handschuhfabrikanten die französischen den Vorzug verdienen. Englische Fabrikanten verfertigen zwar aus gutem Leder schöne Handschuhe; aber in der Elasticität, Dauerhaftigkeit und Ausstattung, nicht weniger wie in der exacten Arbeit nnd brillanten Färbung stehen diese weit hinter den französischen zurück. Trotzdem der Franzose ein oder mehrere Paar Handschuhe mehr aus ein und demselben Felle schneidet, als der Engländer, so liefert er doch keine schlechteren Exemplare, als jener. — Was die Jankees in diesem Geschäfte betrifft, sagte ein Handschuhfabrikant in Amerika, so haben dieselben immer allzu große Eile, als daß sie solche Arbeit zu Stande bringen könnten, wie die französischen Arbeiter. Sie sind mehr stolz auf den Berg Arbeit, den sie in einer gewissen Zeit fertig gebracht haben, als auf die Geschickt! chkeit, welche hierzu erforderlich ist. Deshalb werden sie es in diesem Zweige auch nie den Ausländern gleich machen, bis — sie erst Geduld zu üben gelernt haben.
In Frankreich w^den alljährlich nicht weniger als 375,000 Dutzend Felle von Ziegen zu Handschuhen verschnitten. Der französische Handschuhmacher schneidet fast alle seine „nummerirten Handschuhe" nach dem Augcnmaaße, das heißt Handschuhe, deren Größe nach Zahlen bestimmt ist, welche alle Damenhandschuhe und die feineren Männerhandschuhe in sich begreifen. In vielen Fabriken werden sie aber auch vermittelst eigener Formen (Punzen) ausgeschlagen. — Die Handschuhfabrikation ist für Frankreich einer der bedeutendsten Industriezweige und hat ihre eigene Geschichte. Die Lederhandschuhe wurden im 18. Jahrhundert fabrikmäßig zu Grenoble, Blois, Paris, Vendome und Beziörs verfertigt. In Grenoble beschäftigte
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