Die Schuhmacherei.

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67. Die Schuhmacherei. Der Schuhmacher steht von allen Künstlern in Leder offenbar zu jedem Einzelnen in nächster Beziehung; denn er hat für gute Fußbekleidung zu sorgen und das ist ein uner­läßliches Stück von allgemeinem Wohlergehen. Das Gewerbe des Schuhmachers gehört demnach zu dem verbreitetsten, und wenn es auch in der Regel früher mehr für die Anforderung des Lokalbedürf­nisses arbeitete, so hat es doch jetzt schon auch im Handel eine nicht unbedeutende Stellung erworben. Für denjenigen, welcher sich für eine Geschichte der Schuhmacherei interessirt, citiren wir besonders In Stiefeln und Schuh'n durch ein halbes Jahrtausend, eine kul­turgeschichtliche Wanderung von George Hiltl" imBazar" (Nr. 44, 1866), äußerst interessant illustrirt, undLäden des siebenzehnten Jahrhunderts", ebenfalls imBazar" (Nr. 22, 1866). Nicht können wir unterlassen, hier darauf aufmerksam zu machen, daß die Schuhmacherzunft manchen celebrirten Vertreter zählen darf, und nen­nen unter Anderen nur Hans Sachs, den bekannten Meistersänger, sowie den großen Botaniker Linn 6, welcher sein Pflanzenspstem aus- dachte, während er Leder hämmerte und Schuhe machte. Ist dies nicht ein Wink, daß der Schuster (sowie überhaupt Jedermann) nicht bei seinem Leisten zu bleiben habe; sondern wenn auch nicht ein aus­gezeichneter Mann, doch strebsamer und denkender Arbeiter werden sollte?

Die Fußbekleidung des Menschen ist nach dem Grade seiner Ci­vilisation, nach seiner Lebensart und gesellschaftlichen Stellung sehr verschieden. Der körperlich angestrengte Gebirgsbewohner macht an seine Stiefeln ganz andere Anforderungen, als der Städter, für wel­chen der Schuhmacher nicht selten sogar zu Hilfsverrichtungen, wie zum Sticken, zur Ledergalanteriearbeit und dergleichen seine Zuflucht nehmen muß, wobei dann hauptsächlich die Frauenarbeit mit ein­treten kann. Ist auch das Leder das Hauptmaterial für die Arbei­ten des Schuhmachers, so verwendet man doch auch Wollenstoffe, als: Tuch, Kasimir, Prunell u. dgl., dann Seidenstoffe, Atlas, Sammt u. s. w.; endlich Leinendrill, glatten und croisirten Nanking zu Fut­ter; ebenso feinere Ledersorten, besonders weißes oder gefärbtes Schafleder, Barchent, Leinewand, Taffet u. dgl. Schuhe, Pantof­feln, Ucberschuhe (Galoschen), Stiefeletten, Halbstiefeln von verschie­dener Form mit oder ohne Kappen, Jagdstiefeln u. dgl. gehören zur Schuhmacherarbeit.

Der Schuh besteht aus Oberleder und der Sohle mit der Brandsohle inwendig; das Oberleder aber aus dem Vorderblatte und den zwei Hintertheilen. Das Zusammennähen dieser Theile nun bildet hauptsächlich die der fleißigen Frauenhand zufallende Beihilfe in der Schuhmacherei.

Bei Stiefeln ist der Schaft (Vor- und Hintertheil), die Brandsohle, die Sohle und der Absatz. Am Vordertheil des Schaf­tes wird an der Innenseite das Ueberstemm oder Besetzleder der