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Die Stickerei.

für oder an Kinder-, Damenkleider u. s. w. anfertigen. Man sollte diese Art Stickerei, welche als ein lohnender Zweig der Kleinindustrie durch die Einführung der Nähmaschine geschaffen worden ist, ja nicht übersehen. Diese Nähmaschinenstickerei würde insbesondere Töchtern des Mittelstandes und wohlhabenderer Klassen die Gelegenheit bieten, an eine nützliche Thätigkeit und Arbeitsamkeit sich zu gewöhnen. Nicht nur imBuche von der Amerikanischen Nähmaschine" haben wir gelegentlich der Besprechung vonNähmaschinen-Näh- und Stick- Schulen" ausdrücklich darauf hingewiesen, sondern es liegt bereits auch seit Jahr und Tag zum Behufe der lebhafteren Anregung einer solchen Beschäftigung einePraktische Anleitung zur Stickerei an der Nähmaschine" im Manuskripte fertig da, zu welcher wir jedoch bis jetzt nur noch keinen Verleger finden konnten.

In Amerika hält man die Franzosen (nicht Französinnen) als die ausgezeichnetsten Sticker. Die meiste Stickereiarbeit, welche aber dort in den Handel kommt, wird aus England importirt. Nicht weniger, als 1H Millionen Dollars sollen jährlich in's Ausland für solche Waaren gehen. Was die einheimische Industrie dieses Faches betrifft, so haben sich wohl Deutsche und Franzosen derselben ange­nommen, gewinnen aber eben nicht viel dabei; hauptsächlich auch des­halb, weil die Deutschen unkluger Weise andere Arbeiterinnen, ja sich selbst unter einander im Lohne Herabbieten.

Frau Penny theilt die Stickerei ebenfalls in zwei Klassen; nämlich in eine solche, welche auf Tuch, und in eine solche, welche auf Mousselin arbeitet. Die erstere Art, wobei dickes Material an­gewendet wird, kommt bei Möbelüberzügen, Ottomanen, Sessclsitzen, Tapisserieen (d. h. teppichgleichen Stickereien) u. dergl. vor. Die andere Stickart wendet man bei Damenhauben, Krägen, Taschentü­chern und anderen derart leichten Artikeln des Damenanzuges (Lin- gerien oder Weißwaaren) u. s. w. an. Als hiezu benütztes Material bezeichnet sie Wollen-, Baumwollen-, Leinen-, Seiden-, Gold- und Silberfäden.

Nähen, stricken und sticken, sollte man meinen seien eigent­lich solche Handarbeiten, auf welche das Frauengeschlecht ein aus­schließliches Privilegium hat. Schon lange herkömmlichen Brauches halber sind wir zwar gewöhnt, Männer nähen zu sehen. Aber ein Mann, welcher ohne besonderen Beruf dazu zu haben, in der Familie an der Nähmaschine förmlich arbeiten würde, dürfte uns ein ebenso widerlicher Anblick sein, als ein solcher, der die Stricknadeln zum Strumpfstricken handhaben wollte. Um wie vielmehr auffallend mag man sich das Bild desHerrn der Schöpfung" am Stickrah­men sitzend denken! Und doch will man die Behauptung aufstellen, daß die feineren Stickereien nur von männlichen Arbeitern in Frank­reich verrichtet werden können. Mag das glauben wer will. Die beste Widerlegung hat u. A. auf der Londoner Ausstellung 1862