Die Stickerei.

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zu gestatten, die denn auch schon auf dem Lande heimisch zu werden anfängt,

In Sachsen beschäftigen sich gegen 20,000 Arbeiterinnen mit der Verfertigung und etwa 50 Fabrikhäuser mit der Appretur und dem Absätze von Stickereien, und in Würtemberg wird die Sticke­rei in etwa 300 Gemeinden mit 1520,000 Arbeiterinnen ebenfalls schwunghaft betrieben. Deutschland beschäftigt überhaupt fast noch dreimal so viele Arbeiterinnen in der Weißstickerei, als die Schweiz. In Deutschland wurde vor etwa 120 Jahren die sogenannte Schleierweberei zuerst in's sächsische Voigtland gebracht, wo man um 1740 die ersten Mousseline, 1758 die ersten gemusterten. Waaren, 1766 die ersten Stickereien erzeugte. Weit jünger ist diese Industrie jedoch in Würtemberg; denn erst 1830 wurde sie in Jsny begon­nen, und noch später in Ravensburg, in Bnchau und in Vaichingen bei Stuttgart. In Sachsen ist der Sitz dieser in nicht unbe­deutendem Umfange betriebenen Industrie der südwestliche Theil des Erzgebirges und das Voigtland. Es beschäftigen einige 20 zum Theil sehr bedeutende Firmen mehrere Tausende von Webstühlcn und viele Tausende von Stickerinnen, wie z. B. G. F. Schmidt in Plauen allein 34000 Stickerinnen, im Winter auch Männer, mit eigenen Musterzeichnern. Auch die Stickerei- und Tapisserie - Manu­faktur von I. A. Hietel in Leipzig genießt eines weit verbreiteten Rufes. In Würtemberg wird diese Beschäftigung besonders im Schwarzwaldkreis (Balingen) und Oberschwaben betrieben. Seine bedeutendsten Weißwaarenmanufacturen sind in Ulm und Ravensburg. Fürn körn in Weingarten bei Ravensburg beschäftigt 150 Personen mit Weben und 400 mit Sticken. In beiden Ländern arbeitet man größtentheils nur Artikel für den gröberen Bedarf, Lurusarbeiten gar nicht. Dagegen ist aber auch die Produktion eine solche starke, daß nicht nur der deutsche Markt damit versehen, sondern Vieles auch nach Rußland und Amerika erportirt wird. Sachsen und Würtcm- berg concurriren vollständig in diesen Artikeln mit Frankreich (Plauen mit Nancy und Ravensburg mit Tarare), namentlich durch die Bil­ligkeit der Arbeitslöhne. Die deutschen Stickerinnen stehen den fran­zösischen an Fleiß und Geschicklichkeit nicht nach, auch die Bleichereien und Appreturen sind vortrefflich.

In Berlin wird ebenfalls kunstvolle Stickerei betrieben. Im Jahre 1842 waren es Berliner Stickerinnen, welche das Brautkleid der Prinzessin Marie (jetzt verwittweten Königin von Bayern) und der dieselben begleitenden Fürstinnen stickten. Die, Silber in rothem Sammt gestickte, 6 Ellen lange Schleppe der Fürstin von Liegnitz kostete allein 600 Thaler zu sticken; etwa eben so viel das, Silber in blauem Sammt gestickte Kleid der Mutter der Braut. Die Ar­beit am Brautkleide selbst aber kam auf 1200 Thaler zu stehen, wo- ncben die Stickerinnen als Anerkennung ihrer Leistungen noch eine besondere Belohnung von 200 Thalern erhielten. Berlin ist übn-